202 Götzen-Dämmerung
3 Quellen
Die thematische Vielfältigkeit und die formale Polyphonie von GD spiegelt sich
in der Vielzahl der dafür benutzten Quellen. Wenn N. in EH Warum ich so klug
bin 3, KSA 6, 284, 25 f. behauptet: „Ich muss ein Halbjahr zurückrechnen, dass
ich mich mit einem Buch in der Hand ertappe", so kann dies doch nicht darü-
ber hinwegtäuschen, dass N. in seinen letzten Schaffensjahren noch ungemein
intensive, wenn auch immer selektive, auf seine eigenen Verwertungsabsichten
ausgerichtete Lektüren treibt (vgl. Brobjer 1997b, 2008b). Die dabei abgedeck-
ten thematischen Bereiche sind sehr breit. Für GD relevant ist zunächst die
Lektüre des zeitgenössischen literatur- und kulturkritischen Schrifttums beson-
ders aus Frankreich (z. B. Albert 1885, Berard-Varagnac 1887, Bourget 1883-
1886, Brandes 1887a-b, Brunetiere 1884b u. 1887, Desprez 1884, Faguet 1887 u.
o. J., Foucher 1873, Goncourt 1887-1888, Lemaitre 1886a-b u. 1887, Scherer
1885, zu Wagner Nohl o. J., zu Goethe Hehn 1887) und eigentlich literarischer
Texte (z. B. Dostoievsky 1886a-c). Einen allgemeinen kulturhistorischen Hori-
zont erschließen N. bereits bekannte Werke etwa von Burckhardt (1869, 1929-
1931), Hellwald (1874-1884), Lecky (1873 u. 1879) und die Briefe von Galiani
(1882) oder jüngst gelesene Bücher wie Gebhardt 1887 und Herrmann 1887. Es
kommt dabei offenbar auch zu Re-Lektüren, beispielsweise von Werken wie
Arnobius 1842 (zu Dionysos). Sodann rezipiert N. die zeitgenössische medizi-
nisch-physiologische, psychologische und biologische Literatur (z. B. Fere 1887
u. 1888, Galton 1883, Höffding 1887, Joly 1883, Nägeli 1884, Richet 1884 u. 1887,
Rolph 1884, Schneider o. J. u. 1882; zu N.s naturwissenschaftlichen Quellen
siehe Brobjer 2004b, bes. 39-46; zu N.s spezifischen biologischen Lektüren
Stiegler 2001); in den eigentlich philosophischen Debatten bezieht er sich
sowohl auf ihm längst bekannte Werke wie Dühring 1865, Hartmann 1869,
Lange 1866/1887, Liebmann 1880 u. 1882, Schmidt 1882, Schopenhauer 1873-
1874 und Teichmüller 1882, als auch auf neue Lektüren wie Brochard 1887,
Froude 1887, Guyau 1887, Mach 1886 und Roberty 1887. Im religions- und theo-
logiegeschichtlichen Bereich sind die Lektüren ebenfalls vielfältig: zu Renan
1867 kommen insbesondere Jacolliot 1876 und Wellhausen 1883, 1884 u. 1887
hinzu. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass N. trotz anderslautender Versi-
cherungen („ich ungebildeter Mensch, der keine ,Journale' liest!" — an Over-
beck, 23. 02. 1887, KSB 8, Nr. 804, S. 27, Z. 17 f.) auch regelmäßig Tageszeitun-
gen wie das Journal des Debats und Zeitschriften wie die Revue des deux
mondes zur Kenntnis genommen hat (vgl. auch seine Äußerungen gegenüber
Strindberg, 18. 12. 1888, KSB 8, Nr. 1199, S. 539, Z. 40 f.: „Zuletzt lese ich seit
Jahren nur noch das Journal des debats.").
3 Quellen
Die thematische Vielfältigkeit und die formale Polyphonie von GD spiegelt sich
in der Vielzahl der dafür benutzten Quellen. Wenn N. in EH Warum ich so klug
bin 3, KSA 6, 284, 25 f. behauptet: „Ich muss ein Halbjahr zurückrechnen, dass
ich mich mit einem Buch in der Hand ertappe", so kann dies doch nicht darü-
ber hinwegtäuschen, dass N. in seinen letzten Schaffensjahren noch ungemein
intensive, wenn auch immer selektive, auf seine eigenen Verwertungsabsichten
ausgerichtete Lektüren treibt (vgl. Brobjer 1997b, 2008b). Die dabei abgedeck-
ten thematischen Bereiche sind sehr breit. Für GD relevant ist zunächst die
Lektüre des zeitgenössischen literatur- und kulturkritischen Schrifttums beson-
ders aus Frankreich (z. B. Albert 1885, Berard-Varagnac 1887, Bourget 1883-
1886, Brandes 1887a-b, Brunetiere 1884b u. 1887, Desprez 1884, Faguet 1887 u.
o. J., Foucher 1873, Goncourt 1887-1888, Lemaitre 1886a-b u. 1887, Scherer
1885, zu Wagner Nohl o. J., zu Goethe Hehn 1887) und eigentlich literarischer
Texte (z. B. Dostoievsky 1886a-c). Einen allgemeinen kulturhistorischen Hori-
zont erschließen N. bereits bekannte Werke etwa von Burckhardt (1869, 1929-
1931), Hellwald (1874-1884), Lecky (1873 u. 1879) und die Briefe von Galiani
(1882) oder jüngst gelesene Bücher wie Gebhardt 1887 und Herrmann 1887. Es
kommt dabei offenbar auch zu Re-Lektüren, beispielsweise von Werken wie
Arnobius 1842 (zu Dionysos). Sodann rezipiert N. die zeitgenössische medizi-
nisch-physiologische, psychologische und biologische Literatur (z. B. Fere 1887
u. 1888, Galton 1883, Höffding 1887, Joly 1883, Nägeli 1884, Richet 1884 u. 1887,
Rolph 1884, Schneider o. J. u. 1882; zu N.s naturwissenschaftlichen Quellen
siehe Brobjer 2004b, bes. 39-46; zu N.s spezifischen biologischen Lektüren
Stiegler 2001); in den eigentlich philosophischen Debatten bezieht er sich
sowohl auf ihm längst bekannte Werke wie Dühring 1865, Hartmann 1869,
Lange 1866/1887, Liebmann 1880 u. 1882, Schmidt 1882, Schopenhauer 1873-
1874 und Teichmüller 1882, als auch auf neue Lektüren wie Brochard 1887,
Froude 1887, Guyau 1887, Mach 1886 und Roberty 1887. Im religions- und theo-
logiegeschichtlichen Bereich sind die Lektüren ebenfalls vielfältig: zu Renan
1867 kommen insbesondere Jacolliot 1876 und Wellhausen 1883, 1884 u. 1887
hinzu. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass N. trotz anderslautender Versi-
cherungen („ich ungebildeter Mensch, der keine ,Journale' liest!" — an Over-
beck, 23. 02. 1887, KSB 8, Nr. 804, S. 27, Z. 17 f.) auch regelmäßig Tageszeitun-
gen wie das Journal des Debats und Zeitschriften wie die Revue des deux
mondes zur Kenntnis genommen hat (vgl. auch seine Äußerungen gegenüber
Strindberg, 18. 12. 1888, KSB 8, Nr. 1199, S. 539, Z. 40 f.: „Zuletzt lese ich seit
Jahren nur noch das Journal des debats.").