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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0430
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Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 112-113 411

um seine Pfeile zu schießen, am Liebsten versteckt er sich hinter einem Toten.
Er wagt es nicht Victor Hugo direkt anzugreifen: er verbirgt sich hinter Baude-
laire: / Ich habe meinen lieben freigeistigen Freund (Baudelaire) gesehen, der
mir die sonderbarsten, aber geistreichen Dinge aus Literatur und Poesie gesagt
hat und der mir die Sicht eröffnet hat auf die kommenden Generationen. Er
schwärmt für Balzac aber wenn es um Hugo geht, dann sagt er: Er ist ein Esel
von Genie. — Ein Esel, antworte ich, und ich versuche ihn davon abzubrin-
gen. — Er ist ein verbohrtes Maultier, wollen Sie sagen? — Nein, er ist wirklich
ein Esel. — Er berharrt auf diesem Ausdruck und ich verstehe langsam seinen
Gedanken, indem ich selbst in ihn eintrete.") Dieses Zitat findet sich zwar auch
bei Sainte-Beuve 1876, 36 (NPB 514), dort freilich ohne Lesespur (vgl. auch KSA
14, 724 und Campioni 2001, 214, Fn. 2, ferner Pestalozzi 1978, 161 f.). Hugo als
„Esel von Genie" wird unter dem Eindruck der ersten Albert-Lektüre in NL
1885, KSA 11, 34[45], 434 (KGW IX 1, N VII 1, 165, 12-20) und NL 1885, KSA 11,
38[6], 601 aufgenommen.
113, 2 f. Als Historiker ohne Philosophie, ohne die Macht des philosophischen
Blicks] Vgl. Albert 1885, 2, 323: „Sainte-Beuve n'a pas l'esprit philosophique."
(„Saint-Beuve besitzt keinen philosophischen Geist.").
113, 4 die Aufgabe des Richtens in allen Hauptsachen ablehnend] Vgl. Albert
1885, 2, 320: „Cependant il s'arretait dans ses hardiesses; il ne prenait pas le
romantisme tout entier: il avait peur des consequences. [...] Cette indecision,
il l'a conservee jusqu'au bout, mais est devenu de plus en plus classique."
(„Während er in seinen Dreistigkeiten innehielt, nahm er die Romantik nicht
gesamthaft an: er hatte Angst vor den Konsequenzen. [...] Diese Unentschlos-
senheit hat er bis zum Schluss behalten, aber er ist immer klassischer gewor-
den.").
113, 8 f. Nach einigen Seiten eine Vorform Baudelaire's.] Vgl. NL 1887/88, KSA
13, 11[231], 90 (korrigiert nach KGW IX 7, W II 3, 111, 40-44): „1844 c. Baudelaire
abhängig von Sainte-Beuve (Joseph Delorme) sagt... Sainte-Beuve sagt zu ihm:
,Vous dites vrai, ma poesie [sic] se rattache ä la vötre. J'avais goute [sic] du
meme fruit amer, plein de cendres, au fond."' („,Sie haben Recht, meine Lyrik
steht in Verbindung zu der Ihren. Ich kostete im Grunde von derselben bitteren
Frucht voller Asche."') Es handelt sich um ein Zitat aus Charles Baudelaires
(Euvres posthumes et correspondances inedites, wo auch zu lesen ist: „Baude-
laire voyait dans l'auteur de Volupte son ancetre litteraire. Aussi lui avait-il
voue une reverence et une tendresse presque filiales" (Baudelaire 1887, 231.
„Baudelaire hat im Autor der Volupte seinen literarischen Vorfahren gesehen.
Er brachte ihm eine Verehrung und Zärtlichkeit entgegen, fast wie ein Sohn").
N. hat diesen Band, der Baudelaires Korrespondenz mit Sainte-Beuve enthält
 
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