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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0466
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Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 119-120 447

ä moi-meme, je me renouvelle en durant, je reverdis de saison en saison,
comme les grands arbres que chaque printemps voit renaitre dans la gräce de
leur feuillage et dans la /329/ richesse de leurs fruits. Admirable privilege de
quelques esprits toujours jeunes, qui ne connaissent ni l'epuisement de l'äge
ni le declin supreme d'une longue vie!" (Nachweis bei Röllin / Trenkle 2008b,
321. „Diesen Geist da hat Herr Desire Nisard heute noch genauso wie in seiner
Jugend; man findet ihn in seinen neuen Vorworten; man wird ihn morgen im
ersten Band seiner Memoiren finden, wenn es ihm gefällt, ihn zu veröffentli-
chen. Erinnern Sie sich an das schöne Wort, das der Fürst der spanischen
Dramaturgen in den Mund einer Person legte, über den die segensreichen
Jahre, ihn kaum mit ihren leichten Flügeln berührend, hinweggeglitten waren?
Yo me sucedo ä mi mismo, sagt der lächelnde Alte bei Lope de Vega: ich folge
mir selbst nach, ich erneuere mich im Überdauern, ich ergrüne von Jahreszeit
zu Jahreszeit neu, wie die großen Bäume, die jeder Frühling wiedergeboren
sieht in der Anmut ihrer Blätter und im /329/ Reichtum ihrer Früchte. Bewun-
dernswertes Privileg mancher ewig jungen Geister, die weder die Erschöpfung
des Alters noch den letzten Niedergang eines langen Lebens kennen!")
Ursprünglich steht der Spruch in Lope de Vegas Komödie jSi no vieran las
mujeres! von 1637, wo der alte Bauer Belardo an Kaiser Otho folgende Worte
richtet: „;No habeis visto un ärbol viejo, / cuyo tronco, aunque arrugado, /
coronan verdes renuevos? / Pues eso habeis de pensar, / y que pasando los
tiempos, / yo me sucedo ä mi mismo" (1. Akt, 11. Szene, Vega Carpio 1872, 579;
Übersetzung oben beim Zitat aus Berard-Varagnac 1887, 328 f.).
120, 15 f. tamquam re bene gesta] Lateinisch: „obwohl die Sache gut verlaufen
ist".
120, 16 f. „Ut desint vires, sprach er dankbar, tarnen est laudanda voluptas."]
Ironische Abwandlung von Ovid: Epistulae ex Ponto III 4, 79: „Ut desint vires,
tarnen est laudanda voluntas", „mögen auch die Kräfte fehlen, ist dennoch der
Wille zu loben", indem N. „voluntas", „Wille" durch „voluptas", „Begierde"
ersetzt. Vgl. NL 1887/1888, KSA 13 11[23], 14 (korrigiert nach KGW IX 7, W II 3,
194, 38-50, im Folgenden ist nur die ursprüngliche Variante wiedergegeben):
„man hat auch dann noch genug Gründe, zufrieden und selbst dankbar zu
sein; und wenn auch nur in der Art, wie es jener alte Schäker war, der tam-
quam re bene gesta von einem verliebten Stelldichein heimkehrte. Ut desint
vires, sagte er zu sich mit der Sanftmuth eines Heiligen, tarnen est laudanda
voluptas." Dieser Witz ist übrigens nicht neu, vgl. z. B. Allen 1869, 93.
 
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