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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0569
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546 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

Stein, Anfang Dezember 1882, KSB 6, Nr. 342, S. 288, Z. 55), verbrachte N. in
Rapallo drei qualvolle Wintermonate, in denen er versuchte, der Enttäu-
schung über das Scheitern der Beziehung mit Lou von Salome und Paul Ree
Herr zu werden (vgl. die zahlreichen Briefentwürfe an Salome und Ree:
KSB 6, S. 282-310). Er litt sehr unter der Kälte (N. an Köselitz, 03. 12. 1882,
KSB 6, Nr. 343, S. 288; an Overbeck, 20. 01. 1883, KSB 6, Nr. 369, S. 318), unter
extremer Schaflosigkeit (N. an Overbeck, 22. 02. 1883, KSB 6, Nr. 384,
S. 336 f.), Anfällen seines Kopfleidens mit Erbrechen (N. an Meysenbug,
01. 01. 1883, KSB 6, Nr. 367, S. 314; an Overbeck, 20. 01. 1883, KSB 6, Nr. 369,
S. 319) und allgemeiner Niedergeschlagenheit. „Dieser Winter war der
schlechteste meines Lebens", meinte er am 19. 02. 1883 gegenüber Köselitz
(KSB 6, Nr. 381, S. 333, Z. 4). Er wohnte im „Albergo della posta", wo er ein
Zimmer mit Kamin gefunden hatte (N. an Köselitz, 03. 12. 1882, KSB 6, Nr. 343,
S. 288). Trotz der hohen See blieb er dort wohnen: „Zuletzt hilft es nichts,
ich muß hier bleiben. Für meinen Kopf bietet die Nähe des Meeres eine
Erleichterung — das ist nicht zu unterschätzen, da ich, wie begreiflich, jetzt
wieder sehr viel auch physisch zu leiden habe. / Ich bin nun einmal nicht
Geist und nicht Körper, sondern etwas drittes. Ich leide immer am Ganzen und
im Ganzen." (N. an Overbeck, 31. 12. 1882, KSB 6, Nr. 366, S. 313, Z. 15-20).
337, 1-4 Trotzdem und beinahe zum Beweis meines Satzes, dass alles Ent-
scheidende „trotzdem" entsteht, war es dieser Winter und diese Ungunst der
Verhältnisse, unter denen mein Zarathustra entstand. —] Der erste Teil von Za
wurde im „billige[n] kleine[n] Albergo della posta" (N. an Köselitz, 20. 07.
1886, KSB 7, Nr. 724, S. 213, Z. 39 f.) „unter so erbärmlichen Verhältnissen des
Leibes und der Seele [niedergeschrieben], daß die Erinnerung daran mir übel
macht" (N. an Meta von Salis, 01. 01. 1887, KSB 8, Nr. 786, S. 5, Z. 10 f.). Mitte
Januar 1883 war es um N.s Gesundheitszustand prekär bestellt: „eine große
Leib- und Seelenquälerei — wobei das jetzige Europa-Wetter keinen gerin-
gen Antheil hatte" (N. an Köselitz, 01. 02. 1883, KSB 6, Nr. 370, S. 320, Z. 4-6).
Ende Januar 1883 schrieb N. hingegen in einem Zustand plötzlicher Inspiration
den ersten Teil von Za in etwa zehn Tagen nieder (vgl. EH Za 4, KSA 6, 341,
12-14). Zuvor hatte er sich entschlossen gezeigt, den Widrigkeiten seines
Lebens zu trotzen: „Das beneficium mortis erlange ich [...] nicht von mir —
ich will noch etwas von mir und darf mich durch schlechtes Wetter und
schlechten Ruf daran nicht hindern lassen." (N. an Overbeck, 20. 01. 1883,
KSB 6, Nr. 369, S. 319, Z. 32-35) Am 01. 02. 1883 konnte er Köselitz das Manu-
skript von Za I ankündigen (KSB 6, Nr. 370, S. 321). Vgl. NK 335, 24 f.
Den „Satz", „dass alles Entscheidende ,trotzdem' entsteht", hatte N. bis
dahin zwar noch nie so explizit formuliert, der Gedanke selbst ist aber bei ihm
schon früh präsent, vgl. z. B. N. an Heinrich von Seydlitz am 18. 11. 1878: „Ich
 
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