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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0614
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Stellenkommentar EH WA, KSA 6, S. 358 591

Ablehnung der Wissenschaft, rfür ein Recht auf Lüge' zu finden gewußt.
Leibniz und Kant sind auf dem Wege der intellektuellen Rechtschaffenheit rEu-
ropas ™ die zwei größten Hemmschuhe, die es bisher gab-sie-sind-unterirdi-
sehe Falschmünzer und Verführer — diese zwei größten Hemmschuhe für intel-
lektuelle Rechtschaffenheit, die es gegeben hat... "Zuletzt noch' Die Deutschen
haben, "in diesem Jahrhundert noch-1, "endlich™, als es durch ein ungeheures
Geschenk der Natu^-des-Zufalls "auf der Brücke zwischen zwei decadence-Jahr-
hunderten™ eine force majeure von Genie und Wille gab sichtbar wurde, stark
genug, aus Europa eine Einheit, eine politische und wirthschaftliche Ein-
heit zu schaffen, mit ihren ,Freiheits-Kriegen' Europa um den Sinn "um das
Wunder von Sinn™ der Existenz Napoleons gebracht, — sie haben damit Alles,
was kam, was heute da ist, auf dem Gewissen, diese culturwidrigste
Krankheit und Unvernunft des Nationalismus, die Nationalismus heißt, diese
nevrose nationale, diese Verewigung der Kleinstaaterei, der kleinen
Politik 1 — sie haben Europa "selbst™ um seinen Sinn, "um™ seine Vernunft
gebracht..." (KSA 14, 502f.).
358, 21 in historicis] Lateinisch: „in geschichtlichen Dingen".
358, 29 „Deutschland, Deutschland über Alles"] Die erste Zeile und der Refrain
von August Heinrich Hoffmann von Fallerslebens Lied der Deutschen (1841). N.
setzte ihn ein, um realitätsfremde Deutschtümelei zu verurteilen, vgl. NK
KSA 6, 104, 2 f.
358, 29-33 die Germanen sind die „sittliche Weltordnung" in der Geschichte;
im Verhältniss zum imperium romanum die Träger der Freiheit, im Verhältniss
zum achtzehnten Jahrhundert die Wiederhersteller der Moral, des „kategorischen
Imperativs"...] Zum Begriff der „sittlichen Weltordnung", den N. als inadäquat
zur Wirklichkeitsbeschreibung ablehnte, vgl. NK KSA 6, 96, 6-9; 194, 8-11 u.
195, 10-19.
Die an der Romantik, an Hegels geschichtsphilosophische Aufwertung der
Germanen sowie an Fichtes Insistieren auf einer „sittlichen Weltordnung"
anschließende Vorstellung, dass die „Germanen" in einer besonderen Bezie-
hung zur „sittlichen Weltordnung" stünden, war im 19. Jahrhundert weit ver-
breitet. Ein gutes Beispiel gibt Carl Adolf Schmidts Werk über den Principiellen
Unterschied zwischen dem römischen und germanischen Rechte: „der Gegensatz
zwischen der römischen und germanischen Ansicht über die Entstehung des
Rechts läßt sich [...] dahin bestimmen, daß die Römer jeden Rechtserwerb
auf das Princip der Beute, des manu capere, d. h. auf den Willen und die
physische Kraft des Erwerbers, die Germanen dagegen auf das Princip des
Lehens im höhern Sinne des Wortes, d. h. auf die aus Gottes Willen entsprun-
gene höhere sittliche Weltordnung zurückführen." (Carl Adolf Schmidt 1853, 1,
 
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