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Ernst, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 4. Abhandlung): Über Anlagen von Organen, die nicht zur Ausbildung gelangen — Berlin, Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.43400#0006
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Max Ernst:

niere bei den einzelnen Tieren erreicht, eine Übereinstimmung zwischen
der Ausbildung des Gesamtorganes und der Anzahl der Kanälchen,
und zwar derart, daß die Verminderung der Kanälchenzahl vor allem
im kaudalen Teil des Wolffschen Ganges stattfindet, während die
kranialen immer relativ deutlich vorhanden sind. In diesen kaudalen
Teilen des Urnierenblastems sind nun regelmäßig Zelldegenerationen
anzutreffen, deren Häufigkeit und Ausdehnung in umgekehrtem Ver-
hältnis steht zu der Anzahl der vorhandenen Urnierenkanälchen. Wäh-
rend beim Schwein im Mesenchym um die Urnierenanlage überhaupt
keine Degenerationen anzutreffen sind, finden wir. beim Kaninchen und
Maulwurf da, wo die Kanälchen unregelmäßiger und in größeren Ab-
ständen angeordnet sind, einzelne zugrunde gehende Zellen in unmittel-
barer Fortsetzung der Kanälchen; bei der Maus liegt im Mesenchym
zwischen dem untersten Kanälchen und der Einmündung des Wolffschen
Ganges in den Sinus urogenitalis ein ausgedehnter Herd von zugrunde
gehenden Zellen (siehe Tafel). Die Anzahl der Degenerationen ist um
eiu Vielfaches größer als bei den oben erwähnten Tieren, doch ist ja
auch der Unterschied zwischen der Urniere des Meerschweinchens und
der Maus viel größer als zwischen den Urnieren aller übrigen Säuge-
tiere. Die Degenerationen im Urnierenblastem kommen in größter
Ausdehnung bei Embryonen im Stadium der primären Augenblase vor
und dauern nur kurze Zeit. Sobald die Abschnürung des Linsen-
bläschens vollzogen ist, finden sie sich nicht mehr.
Die vergleichenden Untersuchungen an Säugetieren ergeben also,
daß bei den Tieren, bei denen die Ausbildung der Urnierenkanälchen
im kaudalen Teil eine mangelhafte ist, im Mesenchym vor und medial
vom primären Harnleiter ein Zellzerfall stattfindet, der um so aus-
gedehnter ist, je geringer die Anzahl der Urnierenkanälchen ist. Diese
Wechselbeziehungen zwingen zu dem Schluß, daß die zugrunde gehenden
Zellen dem Urnierenblastem angehören und den Teil des Muttergewebes
darstellen, in dem eine Ausbildung der Kanälchen nicht stattfindet.
Der Vorgang ist prinzipiell der gleiche wie bei den Kopfganglien, der
Unterschied liegt einzig darin, daß dort die Organanlage durch Bildung
eines Zellkomplexes abgrenzbar ist, während wir sie (siehe Tafel) nur
aus der topographischen Lage der Degenerationen erschließen können.
Die bisher beschriebenen Beobachtungen veranlaßten mich, auch
die Vorniere auf diese Vorgänge hin zu untersuchen. Ich fand bei
menschlichen Embryonen von etwa 2,5—3 mm Länge in Höhe des
3.—10. Ursegmentes regelmäßig Degenerationen, die im Retroperitonaeum
zwischen Aorta und Venae Cardinales lagen, manchmal auch in eine
Falte, die das Coelom vorbuchtete, eingelagert waren. Bei einem
 
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