Metadaten

Ernst, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 4. Abhandlung): Über Anlagen von Organen, die nicht zur Ausbildung gelangen — Berlin, Leipzig, 1926

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43400#0009
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Über Anlagen von Organen.

7

Embryo liegen neben den Chromatinbröckchen auch noch Reste der
Vornierenkanälchen in Gestalt von isolierten Zellkugeln. Der Höhe-
punkt der Vornierenentwicklung ist um diese Zeit schon vorbei. Die
Degenerationen sind nun viel zahlreicher und ausgedehnter, als die
Vornierenkanälchen jemals ausgebildet werden. Es geht daraus hervor,
daß wir in den zugrunde gehenden Zellen nicht nur die Reste der
Vornierenkanälchen haben, sondern auch die des Vornierenblastems
selbst.
Bei den untersuchten Säugetieren fand ich regelmäßig an einer
Stelle im Vorderhirn Zelluntergang, für den ich zunächst keine Er-
klärung finden konnte, der sich aber zwanglos hier einreihen läßt. Bei
Maus, Kaninchen und Talpa liegt auf etwa gleich entwickelten Stadien,
ungefähr zur Zeit der Umbildung der Augenblase, regelmäßig eine
Gruppe von Chromatinklümpchen im Prosencephalon unmittelbar vor
dem Diencephalon in der Medianlinie, also an einer Stelle, die der
Paraphysengegend entspricht. Nach den allgemein geltenden An-
schauungen wird dieses Organ bei den oben erwähnten Tieren nicht
angelegt. Wir glauben, daß uns die Übereinstimmung der Lokalisation
des Degenerationsherdes mit der Paraphyse niederer Tiere dazu be-
rechtigt, einen Zusammenhang zwischen beiden anzunehmen, und zwar
derart, daß die Zellen zur Anlage der Paraphyse bereitgestellt werden,
aber vor der morphologischen Ausbildung des Organs zugrunde gehen.
Das Gemeinsame dieser Beobachtungen an ganz verschiedenen
Körperstellen bei zahlreichen Embryonen liegt darin, daß wir beim
phylogenetisch höher entwickelten Tiere Zelluntergang an den Stellen
finden, an denen das Tier niederer Entwicklungsstufe ein ganzes Organ
zur Ausbildung bringt. Den einfachsten Fall haben wir bei den Ganglien
der viscero-motorischen Hirnnerven; hier können wir die Organanlage
morphologisch wahrnehmen, da das Ganglion ja als solches schon lange
vor der Differenzierung der Zellen kenntlich ist. Bei der Vor- und
Urnierenentwicklung und der Paraphysenanlage ist die Erkennung der
Organanlage im histologischen Bild nur an dem Vorhandensein der
Degenerationen möglich.
Daß die Mesenchymzellen schon eine Differenzierung zur Organ-
bildung durchgemacht haben, können wir durch zwei Tatsachen be-
weisen. Wir finden Reduktionen des Gewebes an den Stellen, wo bei
vergleichend-entwicklungsgeschichtlicher Betrachtung eine Organanlage
sein müßte, wir dürfen daraus auf das Vorhandensein des Blastems
schließen. Einen weiteren Beweis haben wir in dem Auftreten von
Hemmungsmißbildungen. Bleibt z. B. die Verschmelzung des mittleren
Nasenfortsatzes mit dem Oberkieferfortsatz aus, so entstehen zu beiden
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften