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Mayer, Adolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927, 6. Abhandlung): Naturwissenschaftliche Ästhetik — Berlin, Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.43533#0004
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Adolf Mayer:

ein wenig mehr Klarheit, bringen in ein Gebiet, auf dem bisher allerdings
viel gedacht und noch viel mehr geredet worden ist, weil es einem Gebiet
gilt, das der gesamten Menschheit mit ihrer Kultivierung je länger je
mehrXam Herzen liegt, und auf welchem gerade, weil es einer Herzens-
sache gilt, noch viel mehr gefühlt als eigentlich nach einigermaßen fest-
stehenden Grundsätzen nachgedacht wird. Es gibt freilich noch andere
Gründe, die eine Teilnahme der naturwissenschaftlichen Behandlungs-
weise an der Klarlegung der Welt des Schönen nachgerade mehr empfeh-
lenswert erscheinen lassen. Solche habe ich a. a. 0. klarzulegen ver-
sucht.1) Zu einer Einleitung zu dem, was ich hier vorzubringen habe,
wird aber, denke ich, das Gesagte genügen.
Überzeugender als Gründe übrigens werden hier wohl Beispiele sein,
wie u. a. sich einer der größten Naturforscher auch an die hier berührten
Dinge heranzumachen nicht verschmähte. Ich meine Helmholtz mit
seiner Theorie der Tonempfindungen, mit einem Werk, das ich sogar in
der Bücherei von ausübenden Musikern vorgefunden zu haben mich
erinnere, und mit seinen zahlreichen Versuchen ähnlicher Art in bezug
auf die Raumkünste, Malerei und Plastik in seinen viel gelesenen popu-
lären Vorträgen und Aufsätzen. Auch von mehreren namhaften Anatomen
neuester Zeit, Braus u. a., wären ähnliche Beispiele aufzuführen. Auch
V. Goldschmidt von der hiesigen Hochschule ist ja mit Ähnlichem
beschäftigt. Ich gedenke also im folgenden nur ganz kurz einige Sätze
aufzustellen, zu denen ich auf dem angedeuteten Wege gelangt bin oder
gelangt zu sein glaube, ebenso kurz die Beweisgründe derselben an-
zudeuten und im übrigen auf meine Veröffentlichungen zu weisen, in
denen eine ausführliche Darlegung meiner Beweisgründe dargelegt ist,
und wo diese von etwaigen Belangstellenden nachgesehen werden können.
Zuerst auf dem Gebiete der Raumkunst.
1. Momentphotographien sind schlechte Berater für die
bildenden Künste. Sie können wohl künstlerisch verwendet werden
im Film, wo viele Aufnahmen zu einem fortlaufenden Ganzen ver-
schmelzen, wodurch die Illusion der Bewegung hervorgerufen wird, aber
nicht einzeln, und nicht die Einzelphotos, die unter Umständen ganz
verkehrte Eindrücke geben. Und zwar deshalb, weil nicht jede kleine
Einzelsituation sich dem Gedächtnis einprägt und als Wirklichkeit
empfunden wird, sondern nur die mehr dauernden Situationen. Beispiel
die Wanduhr mit Perpendikel, die nie mit senkrechtem Stand dieses
abgebildet werden darf, wenn sie als „gehend“ dargestellt werden soll,

*) M. Dessoir: Zschr. f. Ästh. u. allg. Kunstwissensch. VI, 612.
 
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