16 , CUKT JRERBST
IV. Hypothese über eine einheitliche Auslegung
der BALTZERschen und meiner Resultate.
Während wir uns bisher auf sicherem Grund und Boden bewegten,
begeben wir uns jetzt auf hypothetisches Gebiet, auf dem wir aber einen
neuen Weg vielleicht nicht nur zur Lösung des Geschlechtsbestimmungs-
problems bei Bonellia allein erblicken werden.
Zunächst könnte man natürlich vermuten, daß die Vermännlichung
der indifferenten Larven durch den lebenden Rüssel, durch Rüssel- und
Darmextrakt eine Säurewirkung sei. Dies ist aber falsch, denn die
Lösungen Baltzers, die Vermännlichung hervorriefen, reagierten, wie
ich mit seiner Erlaubnis hier mitteile, nicht sauer, sondern alkalisch.
In zwei Fällen, die Herr Kollege Baltzer mir selbst zur Prüfung über-
gab, fand ich nach Abzug des Salzfehlers den Wert 8,04.
Wie läßt §ich dieser scheinbare Widerspruch zwischen unseren Ver-
suchsresultaten lösen? Die Sache ist sehr einfach, wenn wir uns über-
legen, auf welchem Wege denn eigentlich der pH-Wert die Entwicklung
beeinflussen kann. Man wird da natürlich auf die Abhängigkeit der
Fermentwirkungen vom pH-Wert hingewiesen; und hier liegt wieder
nichts näher, als an eine Beeinflussung der vom pH-Wert so abhängigen
Oxydationsprozesse zu denken. Die Verkettung derselben mit der Ent-
wicklung, welche so söhön durch Warburg (11 und 12) untersucht
worden ist, macht diese Vermutung wahrscheinlich. Ich denke mir
also, daß bei Bonellia das Weibchen einen größeren Sauerstoffv erb rauch
als das Männchen hat, was ja schon deshalb plausibel ist, weil die Männ-
chen zu Anfang im Darm und dann im Uterus, der nur ein Aufbewah-
rungsort der ausgebildeten, unbefruchteten Eier und wohl der Befruch-
tungsort der letzteren, aber nicht ihr Entwicklungsort ist, also vielleicht
in sauerstoffärmeren Medien, als das umgebende Meerwasser ist, leben.
Sind nun die Bedingungen im Innern der Larven (nach Warburg [13
und 14] braucht nur ein bestimmter Eisen-, nicht Peroxydasengehalt
dazu zu gehören) und im äußeren Medium (bestimmter, nur innerhalb
gewisser Grenzen schwanken könnender pH-Wert) so, daß den indiffe-
renten Larven ein weiblicher Sauerstoffverbrauch möglich ist, so ent-
stehen nach meiner Hypothese Weibchen, sind aber die Oxydations-
prozesse nur in dem Grade möglich, der Männchen eigentümlich ist,
so entstehen solche. An der Grenze beider Zonen aber könnten sich
Intersexes entwickelm. Daß aber einem und demselben pH-Wert gegen-
über die Individuen sich oft so verschieden verhalten, kann daran liegen,
daß die inneren Bedingungen, die zum Ablauf der Oxydationsprozesse
notwendig sind, in den Individuen quantitativ verschieden sind. Und
IV. Hypothese über eine einheitliche Auslegung
der BALTZERschen und meiner Resultate.
Während wir uns bisher auf sicherem Grund und Boden bewegten,
begeben wir uns jetzt auf hypothetisches Gebiet, auf dem wir aber einen
neuen Weg vielleicht nicht nur zur Lösung des Geschlechtsbestimmungs-
problems bei Bonellia allein erblicken werden.
Zunächst könnte man natürlich vermuten, daß die Vermännlichung
der indifferenten Larven durch den lebenden Rüssel, durch Rüssel- und
Darmextrakt eine Säurewirkung sei. Dies ist aber falsch, denn die
Lösungen Baltzers, die Vermännlichung hervorriefen, reagierten, wie
ich mit seiner Erlaubnis hier mitteile, nicht sauer, sondern alkalisch.
In zwei Fällen, die Herr Kollege Baltzer mir selbst zur Prüfung über-
gab, fand ich nach Abzug des Salzfehlers den Wert 8,04.
Wie läßt §ich dieser scheinbare Widerspruch zwischen unseren Ver-
suchsresultaten lösen? Die Sache ist sehr einfach, wenn wir uns über-
legen, auf welchem Wege denn eigentlich der pH-Wert die Entwicklung
beeinflussen kann. Man wird da natürlich auf die Abhängigkeit der
Fermentwirkungen vom pH-Wert hingewiesen; und hier liegt wieder
nichts näher, als an eine Beeinflussung der vom pH-Wert so abhängigen
Oxydationsprozesse zu denken. Die Verkettung derselben mit der Ent-
wicklung, welche so söhön durch Warburg (11 und 12) untersucht
worden ist, macht diese Vermutung wahrscheinlich. Ich denke mir
also, daß bei Bonellia das Weibchen einen größeren Sauerstoffv erb rauch
als das Männchen hat, was ja schon deshalb plausibel ist, weil die Männ-
chen zu Anfang im Darm und dann im Uterus, der nur ein Aufbewah-
rungsort der ausgebildeten, unbefruchteten Eier und wohl der Befruch-
tungsort der letzteren, aber nicht ihr Entwicklungsort ist, also vielleicht
in sauerstoffärmeren Medien, als das umgebende Meerwasser ist, leben.
Sind nun die Bedingungen im Innern der Larven (nach Warburg [13
und 14] braucht nur ein bestimmter Eisen-, nicht Peroxydasengehalt
dazu zu gehören) und im äußeren Medium (bestimmter, nur innerhalb
gewisser Grenzen schwanken könnender pH-Wert) so, daß den indiffe-
renten Larven ein weiblicher Sauerstoffverbrauch möglich ist, so ent-
stehen nach meiner Hypothese Weibchen, sind aber die Oxydations-
prozesse nur in dem Grade möglich, der Männchen eigentümlich ist,
so entstehen solche. An der Grenze beider Zonen aber könnten sich
Intersexes entwickelm. Daß aber einem und demselben pH-Wert gegen-
über die Individuen sich oft so verschieden verhalten, kann daran liegen,
daß die inneren Bedingungen, die zum Ablauf der Oxydationsprozesse
notwendig sind, in den Individuen quantitativ verschieden sind. Und