Geologische Beobachtungen des Leonardo da Vinci. H
Schluß.
Damit, beschließe ich meine kurze und unvollständige Aufzählung.
Möge sie einen anderen Forscher veranlassen, dem Geologen Leonardo
da Vinci, dem unehelichen Sohne einer toskanischen Bäuerin, ein
würdigeres Denkmal zu setzen.
Nachschrift.
Erst nach der Niederschrift des Vorstehenden gelang es mir, auf
Grund des . Zitates bei Olschki, S. 289, Fußn. 1, Einsicht in die aus-
gezeichnete Arbeit von Bernhard Schweitzer zu nehmen: Eine geo-
logische Entdeckung des Altertums und ihre Wiederentdeckung in neuerer
Zeit (Sokrates, Zeitschrift für das Gymnasialwesen, 1918, Jahrgang 6,
S. 342—355). Schweitzer zeigt, daß Leonardo offenbar die berühmte
Stelle des Herodot1) in dessen Buch II, Abschn. 10—12, gekannt hat
und wohl dadurch seine frühere falsche Auffassung der im Gebirge ge-
fundenen Muscheln aufgegeben habe. Dagegen scheint mir Schweitzer
den Inhalt der Äußerungen des Herodot zu überschätzen. Dieser zeigt
zwar ganz deutlich, daß das Nildelta eine Anschwemmung des Flusses
ist. Davon, daß das Meer einmal höher gestanden habe, spricht er nicht
unmittelbar. Wenn er freilich sagt, „ich konnte beobachten, daß auf den
(besagten) Bergen Muscheln auftreten und sich Salzablagerungen fin-
den“, so hat er mit der ersten Bemerkung in der Tat wohl an einen
höheren Stand des Meeres gedacht. Die zweite Bemerkung übersetzt
Schöll (Stuttgart 1829 bei Metzler) aber anders, nämlich: „InBetracht,
daß Ägypten auf seinen Gebirgen Muscheln zeigt und daß es Salzteile
ausstößt, wovon selbst die Pyramiden angegriffen werden.“ Hier handelt
es sich offenbar gar nicht um ehemalige salzige Meeresablagerungen,
sondern um Salzausblühungen aus der Wüste, die nicht als ein Beweis
für einen ehemals höheren Stand des Meeres aufgefaßt werden können.
Aus allem, was Herodot schreibt, ist also nur die Anführung der Muscheln
im Gebirge als Beweis dafür verwertbar. Man vergleiche nun diese mit
den auch von Schweitzer ausführlich wiedergegebenen Ausführungen des
Leonardo da Vinci ; und man wird sehen, daß dieser in durchaus selb-
ständiger Weise den Beweis führt und eine Fülle von ausgezeichneten
Beobachtungen und Schlußfolgerungen hat, die er wahrlich nicht dem
Herodot entnehmen konnte. Damit will ich natürlich nicht den Wert
der schönen Darstellung Schweitzers verringern. Ich will nur zeigen,
daß selbst wenn Leonardo die Anregung zu der Änderung seiner früheren
]) Diese Stelle kennt auch ZlTTFL in seiner „Geschichte der Geologie“ (S. 4)-
Schluß.
Damit, beschließe ich meine kurze und unvollständige Aufzählung.
Möge sie einen anderen Forscher veranlassen, dem Geologen Leonardo
da Vinci, dem unehelichen Sohne einer toskanischen Bäuerin, ein
würdigeres Denkmal zu setzen.
Nachschrift.
Erst nach der Niederschrift des Vorstehenden gelang es mir, auf
Grund des . Zitates bei Olschki, S. 289, Fußn. 1, Einsicht in die aus-
gezeichnete Arbeit von Bernhard Schweitzer zu nehmen: Eine geo-
logische Entdeckung des Altertums und ihre Wiederentdeckung in neuerer
Zeit (Sokrates, Zeitschrift für das Gymnasialwesen, 1918, Jahrgang 6,
S. 342—355). Schweitzer zeigt, daß Leonardo offenbar die berühmte
Stelle des Herodot1) in dessen Buch II, Abschn. 10—12, gekannt hat
und wohl dadurch seine frühere falsche Auffassung der im Gebirge ge-
fundenen Muscheln aufgegeben habe. Dagegen scheint mir Schweitzer
den Inhalt der Äußerungen des Herodot zu überschätzen. Dieser zeigt
zwar ganz deutlich, daß das Nildelta eine Anschwemmung des Flusses
ist. Davon, daß das Meer einmal höher gestanden habe, spricht er nicht
unmittelbar. Wenn er freilich sagt, „ich konnte beobachten, daß auf den
(besagten) Bergen Muscheln auftreten und sich Salzablagerungen fin-
den“, so hat er mit der ersten Bemerkung in der Tat wohl an einen
höheren Stand des Meeres gedacht. Die zweite Bemerkung übersetzt
Schöll (Stuttgart 1829 bei Metzler) aber anders, nämlich: „InBetracht,
daß Ägypten auf seinen Gebirgen Muscheln zeigt und daß es Salzteile
ausstößt, wovon selbst die Pyramiden angegriffen werden.“ Hier handelt
es sich offenbar gar nicht um ehemalige salzige Meeresablagerungen,
sondern um Salzausblühungen aus der Wüste, die nicht als ein Beweis
für einen ehemals höheren Stand des Meeres aufgefaßt werden können.
Aus allem, was Herodot schreibt, ist also nur die Anführung der Muscheln
im Gebirge als Beweis dafür verwertbar. Man vergleiche nun diese mit
den auch von Schweitzer ausführlich wiedergegebenen Ausführungen des
Leonardo da Vinci ; und man wird sehen, daß dieser in durchaus selb-
ständiger Weise den Beweis führt und eine Fülle von ausgezeichneten
Beobachtungen und Schlußfolgerungen hat, die er wahrlich nicht dem
Herodot entnehmen konnte. Damit will ich natürlich nicht den Wert
der schönen Darstellung Schweitzers verringern. Ich will nur zeigen,
daß selbst wenn Leonardo die Anregung zu der Änderung seiner früheren
]) Diese Stelle kennt auch ZlTTFL in seiner „Geschichte der Geologie“ (S. 4)-