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Willy Hellpach :
Triester Meerbusen gezogen wird, seine (vom Westen her gerechnet)
erste Vorkommensverdichtung. Es beherrscht auf dieser Strecke
finnische, germanische und slawische Sprachgebiete. Dies schließt
nicht aus, daß es auch sprachmodelliert sein könnte. Denn die Laut-
formungsdynamik ist innerhalb einer Sprache oder Sprachenfamilie
verschieden und kann über verschiedene Sprachenfamilien hin eine
ähnliche sein: der haitische oder der böhmische Akzent beherrschen
die verschiedenen Idiome ihres Geltungsbezirkes, etwa deutsch,
lettisch uncl russisch oder deutsch und tschechisch. Die Abgrenzung
der echt rassischen, erbfesten Elemente im ostischen Gesicht von
den erlebnismodellierten (durch Sprechmelodie und Konventions-
temperament erzeugten und fixierten, vgl. meine Abh. „Das fränkische
Gesicht“, diese Sitzungsber. 1921, Abh. 2, be's. S. 11 ff.) wird eine
lohnende Aufgabe weiterer Untersuchungen sein, die noch in diesem
Jahre in Schulklassen des Spree- und Odergebiets aufgenommen
werden sollen.
Ein gleiches gilt übrigens auch fürs fälische Gesicht, in welchem
rassischer (oder konstitutioneller) Genotyp und vorwiegend glosso-
gener und mimogener Phänotyp ebenfalls voneinander zu scheiden
sein werden.
Erwähnt, obschon nicht mehr im eigentlichen Sinne physio-
gnomische Angelegenheit, möge eine Farbeigentümlichkeit des
Haares sein, welche auch bei den Trägern des ostischen Gesichts,
aber über sie hinaus vom Rande jener europäischen Demarkations-
linie ab auftritt: der eigenartige Silber schimmer, keineswegs, wie
oft dargestellt wird, nur bei blondem Haar — „aschblond“ —,
sondern auch bei den Hell- und Dunkelbraunhaarigen; auch bei ihnen
so ungemein charakteristisch, daß er in bestimmten Lichteinfällen
das Haar als ergrauend erscheinen lassen kann. Bei den Schulunter-
suchungen in Rheinland und Westfalen war es in mehreren Fällen
möglich, auf Grund dieses Schimmers die Herkunft vom Rande Ost-
europas den betreffenden Zöglingen „auf den Kopf“ zuzusagen (im
wörtlichsten Sinne 1), und in jedem Falle traf das zu. Man wird also
verzeichnen dürfen, daß auch das ostische Gesicht, wie viele Gesichter
im Osten, oft von dem in Westeuropa nicht vorkommenden asch-
blonden oder aschbraunen Haar begleitet sei. Ob der Silber-
schimmer eine erbmäßige oder eine umweltbedingte Variante dar-
stellt, gehört nicht in unsere Fragestellungen hinein.
Für die Literatur sind außer den im Text schon zitierten neuen
Werken von Kruse und Scheidt besonders verzeichnenswert die
Verhandlungen des VII. Deutschen Soziologentages von 1930 (im
Druck bei J. C. B. Mohr 1931) über „Die deutschen Stämme“, im
gedruckten Bericht S. 233—278: Hellpach, Die anthropologischen
Grundlagen der Stammesforschung; Nadler, Die literarhistorischen
Erkenntnismittel des Stammesproblems; Aubin, Die geschicht-
lichen Grundlagen der deutschen Stämme; Ders., in „Der Raum
Willy Hellpach :
Triester Meerbusen gezogen wird, seine (vom Westen her gerechnet)
erste Vorkommensverdichtung. Es beherrscht auf dieser Strecke
finnische, germanische und slawische Sprachgebiete. Dies schließt
nicht aus, daß es auch sprachmodelliert sein könnte. Denn die Laut-
formungsdynamik ist innerhalb einer Sprache oder Sprachenfamilie
verschieden und kann über verschiedene Sprachenfamilien hin eine
ähnliche sein: der haitische oder der böhmische Akzent beherrschen
die verschiedenen Idiome ihres Geltungsbezirkes, etwa deutsch,
lettisch uncl russisch oder deutsch und tschechisch. Die Abgrenzung
der echt rassischen, erbfesten Elemente im ostischen Gesicht von
den erlebnismodellierten (durch Sprechmelodie und Konventions-
temperament erzeugten und fixierten, vgl. meine Abh. „Das fränkische
Gesicht“, diese Sitzungsber. 1921, Abh. 2, be's. S. 11 ff.) wird eine
lohnende Aufgabe weiterer Untersuchungen sein, die noch in diesem
Jahre in Schulklassen des Spree- und Odergebiets aufgenommen
werden sollen.
Ein gleiches gilt übrigens auch fürs fälische Gesicht, in welchem
rassischer (oder konstitutioneller) Genotyp und vorwiegend glosso-
gener und mimogener Phänotyp ebenfalls voneinander zu scheiden
sein werden.
Erwähnt, obschon nicht mehr im eigentlichen Sinne physio-
gnomische Angelegenheit, möge eine Farbeigentümlichkeit des
Haares sein, welche auch bei den Trägern des ostischen Gesichts,
aber über sie hinaus vom Rande jener europäischen Demarkations-
linie ab auftritt: der eigenartige Silber schimmer, keineswegs, wie
oft dargestellt wird, nur bei blondem Haar — „aschblond“ —,
sondern auch bei den Hell- und Dunkelbraunhaarigen; auch bei ihnen
so ungemein charakteristisch, daß er in bestimmten Lichteinfällen
das Haar als ergrauend erscheinen lassen kann. Bei den Schulunter-
suchungen in Rheinland und Westfalen war es in mehreren Fällen
möglich, auf Grund dieses Schimmers die Herkunft vom Rande Ost-
europas den betreffenden Zöglingen „auf den Kopf“ zuzusagen (im
wörtlichsten Sinne 1), und in jedem Falle traf das zu. Man wird also
verzeichnen dürfen, daß auch das ostische Gesicht, wie viele Gesichter
im Osten, oft von dem in Westeuropa nicht vorkommenden asch-
blonden oder aschbraunen Haar begleitet sei. Ob der Silber-
schimmer eine erbmäßige oder eine umweltbedingte Variante dar-
stellt, gehört nicht in unsere Fragestellungen hinein.
Für die Literatur sind außer den im Text schon zitierten neuen
Werken von Kruse und Scheidt besonders verzeichnenswert die
Verhandlungen des VII. Deutschen Soziologentages von 1930 (im
Druck bei J. C. B. Mohr 1931) über „Die deutschen Stämme“, im
gedruckten Bericht S. 233—278: Hellpach, Die anthropologischen
Grundlagen der Stammesforschung; Nadler, Die literarhistorischen
Erkenntnismittel des Stammesproblems; Aubin, Die geschicht-
lichen Grundlagen der deutschen Stämme; Ders., in „Der Raum