Epeirophorese
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Gekritzte Geschiebe sind keineswegs in allen Grund-
moränen enthalten, finden sich aber auch gelegentlich in nicht
glazialen Ablagerungen. Die Buntsandsteinstücke der Schwarzwald-
und Vogesenmoränen sind so gut wie nie geschrammt, während
anstehende Felsflächen desselben Gesteines schöne Schrammen
zeigen können. Bei meiner ersten selbständigen geologischen Arbeit
in den Alpen habe ich drei Tage lang die Geschiebe einer typischen
Grundmoräne des alten Ogliogletschers10) gewaschen, um gekritzte
Geschiebe zu finden. Die Tonalitgeschiebe, die Phyllite, Gneisse,
Amphibolite, Pegmatite usw. zeigten keine Spur von Kritzung.
Erst als ich am dritten Tage Marmorgeschiebe fand, zeigten diese
in einer gut geglätteten Oberfläche deutliche Kritzung. Das Fehlen
der letzteren ist also sicher kein Gegenbeweis gegen die Grund-
moränennatur der Ablagerung, aber leider auch ihr Vorhandensein
kein entscheidender Beweis dafür. Es ist längst bekannt, daß in
Muren, Bergschlipfen und Fanglomeraten gekritzte Gesteinsstücke
vorkommen. Aber auch in einer rein fluviatilen Neckarablagerung
hat Bernauer n) bei Heidelberg nachgewiesen, daß die Muschel-
kalkgeschiebe z. T. prachtvoll und typisch gekritzt sind. Das be-
ruht bei Heidelberg darauf, daß Eisstauungen die Kiese gestaucht
und dabei die harten und kantigen Buntsandstein- und Granitstücke
an den Muschelkalkgeschieben entlang gedrückt haben. Ber-
nauers Originale habe ich damals selbst sorgfältig nachgeprüft. Sie
liegen im Heidelberger geologischen Institut. — Auch die Bänderung
von Phylliten ist kein Beweis für die Herkunft von glazialen
Bändertonen. Geschliffene und geschrammte Flächen können
Harnische sein. Unvollständige Rundung zeigen alle nicht ge-
nügend weit transportierten Gerolle. So wird man also nie isolierte
derartige Beobachtungen als einen Beweis für alte Vergletscherung
ansehen dürfen; sondern erst das Zusammentreffen mehrerer Merk-
male und genügend weite horizontale Verfolgung berechtigen zu
einem so weit tragenden Schluß.
Dazu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt.
Selbst wenn unzweifelhafte Spuren alter Gletscher nachgewiesen
sind, ist man noch nicht berechtigt von einer „Eiszeit“ zu sprechen.
10) Eine Aufnahme, die ich damals von dieser Stelle machte, ist in
Kaysers Lehrbuch der Geologie, Bd I Allgemeine Geologie (6. Auflage
1921) S. 593 in der Figur 456 wiedergegeben.
u) Jahresber. u. Mitt. d. Oberrhein, geol. Ver. 1930. N. F. Bd. V Heft 1
S. 26-32.
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Gekritzte Geschiebe sind keineswegs in allen Grund-
moränen enthalten, finden sich aber auch gelegentlich in nicht
glazialen Ablagerungen. Die Buntsandsteinstücke der Schwarzwald-
und Vogesenmoränen sind so gut wie nie geschrammt, während
anstehende Felsflächen desselben Gesteines schöne Schrammen
zeigen können. Bei meiner ersten selbständigen geologischen Arbeit
in den Alpen habe ich drei Tage lang die Geschiebe einer typischen
Grundmoräne des alten Ogliogletschers10) gewaschen, um gekritzte
Geschiebe zu finden. Die Tonalitgeschiebe, die Phyllite, Gneisse,
Amphibolite, Pegmatite usw. zeigten keine Spur von Kritzung.
Erst als ich am dritten Tage Marmorgeschiebe fand, zeigten diese
in einer gut geglätteten Oberfläche deutliche Kritzung. Das Fehlen
der letzteren ist also sicher kein Gegenbeweis gegen die Grund-
moränennatur der Ablagerung, aber leider auch ihr Vorhandensein
kein entscheidender Beweis dafür. Es ist längst bekannt, daß in
Muren, Bergschlipfen und Fanglomeraten gekritzte Gesteinsstücke
vorkommen. Aber auch in einer rein fluviatilen Neckarablagerung
hat Bernauer n) bei Heidelberg nachgewiesen, daß die Muschel-
kalkgeschiebe z. T. prachtvoll und typisch gekritzt sind. Das be-
ruht bei Heidelberg darauf, daß Eisstauungen die Kiese gestaucht
und dabei die harten und kantigen Buntsandstein- und Granitstücke
an den Muschelkalkgeschieben entlang gedrückt haben. Ber-
nauers Originale habe ich damals selbst sorgfältig nachgeprüft. Sie
liegen im Heidelberger geologischen Institut. — Auch die Bänderung
von Phylliten ist kein Beweis für die Herkunft von glazialen
Bändertonen. Geschliffene und geschrammte Flächen können
Harnische sein. Unvollständige Rundung zeigen alle nicht ge-
nügend weit transportierten Gerolle. So wird man also nie isolierte
derartige Beobachtungen als einen Beweis für alte Vergletscherung
ansehen dürfen; sondern erst das Zusammentreffen mehrerer Merk-
male und genügend weite horizontale Verfolgung berechtigen zu
einem so weit tragenden Schluß.
Dazu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt.
Selbst wenn unzweifelhafte Spuren alter Gletscher nachgewiesen
sind, ist man noch nicht berechtigt von einer „Eiszeit“ zu sprechen.
10) Eine Aufnahme, die ich damals von dieser Stelle machte, ist in
Kaysers Lehrbuch der Geologie, Bd I Allgemeine Geologie (6. Auflage
1921) S. 593 in der Figur 456 wiedergegeben.
u) Jahresber. u. Mitt. d. Oberrhein, geol. Ver. 1930. N. F. Bd. V Heft 1
S. 26-32.