Metadaten

Sölch, Johann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1932, 1. Abhandlung): Der Rückzug der letzten Vergletscherung: eine vergleichende Betrachtung — Berlin, Leipzig, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43637#0017
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Rückzug der letzten Vergletscherung

9

Und nun im Vergleich dazu: Auf den Höhen der deutschen
Mittelgebirge ist heute nirgendwo eine Schuttregion gleicher Größen-
ordnung zu sehen. Nur auf dem Scheitel des Riesengebirges ist
die ganze Umgebung der Schneekoppe mit den Scherben von Horn-
fels bedeckt, etwa die obersten 250 m. Blockfelder finden sich
auch auf dem Hohen Rade, den beiden Sturmhauben usw. * * * * 16). Es
liegt hier also die Grenze zwischen Grasland und Heide einerseits,
Schutt anderseits 400—500 m höher als im Ben Nevis-Gebiet. Die
Waldgrenze liegt im Riesengebirge durchschnittlich in 1300 bis
1400 m17). Aus diesem Sachverhalt hätte man die heutige klimatische
Schneegrenze im Bereich des Riesengebirges ähnlich wie im Schwarz-
wald in 2100—2200 m anzusetzen. Der Vergleich mit dem Schwarz-
wald aber lehrt, daß sich in derselben Höhe, wo die höchsten Schwarz-
waldgipfel noch Matten, ja Wald tragen, im Riesengebirge bereits
die Schuttregion einstellt: diese fehlt heute im Schwarzwald völlig,
sie wäre in mehr als 1500 m Höhe, wahrscheinlich nicht unter
1600 m Höhe zu erwarten. So ergibt sich auch auf diesem Wege,
daß die Schneegrenze heute erst dann zur Geltung käme, wenn er
sich über 2100 m erhöbe. Das stimmt gut überein mit der Fest-
stellung, daß die klimatische Schneegrenze im höchstliegenden Teil
der Alpen, im Säntisgebiet, nach Jegerlehner und Maurer in min-
destens 2400—2450 m Höhe gelegen ist18), im Bregenzerwald sogar
noch etwas höher.
Wir kommen also auch für diesem Umweg zu dem Ergebnis,
das eine wichtige Voraussetzung für die unter Punkt a durchgeführte
Betrachtung ist: Die Spannung zwischen der Höhenlage der eis-
zeitlichen und der heutigen Schneegrenze im Schwarzwald kann
nicht viel kleiner gewesen sein als in den Alpen; d. h. sie muß min-
destens 1200 m betragen haben.
Wald, Matten und Moore, Schutt und Firn liegen in mehr oder
weniger hohen, bald deutlicher, bald weniger deutlich gegeneinander
S. 168). Damit stimmen auch gut überein die Angaben über die Höhe der
Schneegrenze in den Gebirgen Norwegens und Islands, die V. Paschinger
gesammelt hat. Vgl. dessen Untersuchung: Die Schneegrenze in den ver¬
schiedenen Klimaten. Peterm. Mitt. Ergh. 173, 1912, S. 14 ff.
16) Vgl. neuerdings Schott, G., Die Blockmeere in den deutschen Mittel-
gebirgen. Berl. Diss. Stuttgart 1931, S. 13 ff.
17) Machatschek, F., Landeskunde der Sudeten- und Westkarpathen-
länder. Stuttgart 1927, S. 87, 291.
18) Paschinger, a. a. O., S. 11 (nach Maurer, Meteor. Ztschr. 1910,
S. 189 f.).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften