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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 4. Abhandlung): Max Wolf: 1863 - 1932, ein Gedenkblatt — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43671#0025
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gewisse Sonderstellung unter den Wissenschaften ein, die es ihr er-
möglicht und die sie auch dazu verpflichtet, in stärkerem Maße nach
außen zu wirken als andere Wissenschaften. Ihr Gegenstand ist der
Kosmos, sind jene fernen Welten, die ihren eigenen Gesetzen gehor-
chen, die den Menschen lehren, sich bescheiden als kleines Element
eines großen Ganzen zu fühlen. Auch die Forschungsmethode ist in
der Astronomie so anders als in den übrigen Wissenschaften. Der
Forscher muß geduldig harren, was die Natur ihm in den Strahlen des
Lichtes entgegenbringt; der Einzelne ist immer nur ein Glied einer
großen Kette, die über Generationen hinwegreicht, und er muß sich
dienend in diese einreihen, wenn seine Arbeit Bedeutung haben soll.
Der Beobachter weiß, daß seine Beobachtung oft nur Wert hat in Ver-
bindung mit anderen, die ein oder zwei Menschenalter nach ihm
durchgeführt werden, und der Theoretiker weiß, daß sein Problem
nur gelöst werden kann, wenn die Beobachtungsreihen aus einem
halben Jahrhundert später vorliegen. Entsagung und Geduld in
der wissenschaftlichen Arbeit, auch Wolf hat sie immer und immer
geübt in vielen Nachtstunden am Fernrohr.
Vielleicht vermag der Gegenstand unserer Wissenschaft ebenso
wie der Weg, den sie gehen muß, zu allen Zeiten und jedem Menschen,
welches auch sein Bildungsgrad sei, besondere Werte zum Aufbau
einer inneren Kultur zu geben. Man denkt da an einen der Kriegs-
briefe gefallener Studenten: „Ich habe, — so heißt es dort — mit
E. oft über religiöse Dinge gesprochen, wir haben oft nachts zu-
sammen zum Sternhimmel emporgeschaut.“ Und man denkt an
einen anderen Brief eines gefallenen Studenten: „Bei jedem Wunsch
müssen wir im Auge behalten: Nichts wünschen, was aufs Irdische
geht, erst recht nichts, was Geistiges in Irdisches herunterzieht,
aber ein Offenbarwerden des Geistigen in der Welt und immer die
Menschheitsentwicklung und Eigenentwicklung nur unter diesem
Gesichtspunkt im Auge behalten. Das Ziel der Erdenentwicklung
aber ist Liebe und Freiheit.“
Wolf hat von diesem Beichtum, der in der Astronomie liegt,
immer gegeben mit offenen Händen und offenem Herzen, frei von
falschem Pathos und falscher Mystik. Wolfs herrliche Himmels-
aufnahmen schmücken die populären Astronomiebücher aller Art;
gern hat er seine Bilder für Vorträge zur Verfügung gestellt; seine
Sternwarte stand für alle offen, die deren Einrichtungen kennen
lernen wollten. Bereitwillig hat er immer wieder auf alle Fragen
Auskunft erteilt, und er war sich nicht zu gut, wenn es sich darum
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