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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 4. Abhandlung): Max Wolf: 1863 - 1932, ein Gedenkblatt — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43671#0024
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der Promotion hat er, wie bereits gesagt, sich habilitiert. Seine erste
Vorlesung galt der Methode der kleinsten Quadrate. 1893 wurde er
außerordentlicher Professor mit einem Lehrauftrag für Astronomie
und für mathematische und physikalische Geographie. 1896 erhielt
er eine etatmäßige außerordentliche Professur. Nach der Ablehnung
einer Berufung nach Göttingen im Jahre 1901 wurde er zum ordent-
lichen Professor der Astrophysik und Geophysik ernannt. 1909
schließlich nach der Emeritierung von Wilhelm Valentiner, und
nachdem er noch einmal einen Ruf nach Wien abgelehnt hatte, wurde
er ordentlicher Professor der Astronomie. Damit fiel ihm zugleich
das Direktorat der gesamten Sternwarte zu.
Soweit die äußeren Daten in Wolfs Dozentenlaufbahn. Wolf
hat wie alles, was er tat, die mit dem Lehramt verbundenen Ver-
pflichtungen sehr ernst genommen. Er las meist vor einem größeren
Kreis von Mathematikern und Physikern, besonders auch Kandi-
daten des höheren Lehramtes. Wenn heute an den höheren Schulen
Badens die Astronomie besser gepflegt wird als anderswo, so ist dies
nicht zum wenigsten Wolfs Verdienst. Viel Zeit und Geduld
widmete er den praktischen Anfängerübungen, in denen er die
jungen Studenten zu gewissenhaften Beobachtern auszubilden sich
bemühte. Zahlreiche Doktorarbeiten sind unter ihm entstanden.
Max Wolf ist mit vollem Recht in die Zahl der großen Forscher
und Lehrer der Ruperto-Carola eingegangen. Er hat unserer
Wissenschaft unvergeßliche Verdienste erwiesen; seine stille, ganz
in sich geschlossene Gelehrtenarbeit hat unserem Vaterland reiche
Früchte getragen. Wenn heute die deutsche Wissenschaft in der
ganzen Welt in hohem Ansehen steht, so hat Wolf dazu sein reiches
Maß beigetragen. Man könnte eine endlose Zahl von Anerkennungen
und Auszeichnungen nennen, die ihm vor allem auch vom Ausland
zuteil geworden sind; die Astronomen aller Nationen trauern mit
uns um den Verlust von Max Wolf.
Und noch von einer anderen Seite her müssen wir die Persönlich-
keit von Max Wolf betrachten. Wir Wissenschafter tun immer
wieder gut daran, wenn wir uns die Frage vorlegen: welche Stellung
nimmt gerade unsere Wissenschaft im Rahmen der Gesamtkultur
ein, welchen Beitrag können wir zu einer wirklichen Kultur unserer
Zeit liefern. Die Astronomie, die Königin der Wissenschaften,
stellt sich diese Frage mit einem gewissen Zagen; war sie doch ur-
sprünglich einmal der Inbegriff von Religion, Wissenschaft und
Kultur zugleich. Aber vielleicht nimmt sie auch heute noch eine
 
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