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Mayer, Adolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1934, 3. Abhandlung): Die Grundbegriffe der Volkswirtschaftslehre — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.43675#0017
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Die Grundbegriffe der Volkswirtschaftslehre

17

Arbeit mit Gesang und Tänzen begleiten, auch die des Künstlers
und Schriftstellers, der „aus innerem Drange“ tätig ist, para-
diesische Wonne, und auch der Genuß zeigt ähnliche Abstufungen
vom Stillen eines gesunden Appetits, dem spärlichen Genüsse
eines köstlichen Getränkes bis zu dem Prassen in katzenjämmer-
lichen Uebermaßen. Es ist wiederum ein Grundfehler unserer
herrschenden Wirtschaftslehre, daß sie „intra muros“ von diesen
Gegensätzen des Plus oder des Minus so wenig Notiz nimmt
und immer Genuß gleich Genuß setzt und noch schlimmer, Arbeit
gleich Arbeit. Ja sie nimmt eigentlich kaum Notiz davon, daß
gut organisierte Arbeit eigentlich ein Segen ist, ein Segen : denn
der Mensch ohne Arbeit ist immer ein Unsegen für Andere,
eingestandener Maßen, aber auch für sich selber, worüber aber
leicht hinweggeglitten wird.
11. Rationalisierung der Arbeit.
Gut organisierte Arbeit tut Not, nicht modern rationalisierte
nach des Amerikaners Taylor System, die Arbeit nach Kräften
spart durch Intensivierung der Kräfte im Augenblicke, also im
Grunde nicht Arbeit spart sondern nur Arbeitslohn aus kapitalis-
tischen Gesichtspunkten, um trotz des hohen Lohnes den Ertrag
höher zu machen mit der verblüffenden Folge der Arbeitslosig-
keit eines großen Teils der Bevölkerung.
Und wir in Europa meinten natürlich, diese famose Erfindung
im Wirtschaftsleben nachahmen zu müssen, ausgerechnet zu einem
Zeitpunkt des schon bestehenden Mangels an Arbeit, da wir,
durch den Krieg geschwächt, nicht Kapital genug hatten, das ja
bei dem notwendigen Zusammenwirken von Kapital und Arbeit
unentbehrlich ist, um neue Arbeitsunternehmungen zu finanzieren.
Rationalisierung der Arbeit geht also auch von der falschen
Grundlage aus, daß Arbeit ein Uebel sei, das man, da man es
nicht ausrotten könne, soviel wie möglich kürzen müsse. Aber
wohl organisierte Arbeit ist an sich schon ein Segen, wenn man
nur „con amore“ zu arbeiten versteht und auch Andere „con
amore“ arbeiten läßt. Nicht der Achtsundentag und eine höchst
mögliche Entlohnung sollte das soziale Ziel sein, sondern ein
kleinerer Stundenlohn oder Akkordarbeit unter möglichst menschen-
freundlichen Bedingungen und mit nicht unnötig eingeschränkter
Arbeitszeit. Und wo möglich auch Betätigung im eigenen Interesse
über die Arbeitszeit hinaus im eigenen Haus und Grundstück.
 
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