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Achelis, Johann Daniel [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0029
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Theophrasts von Hohenheim. I.

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sollen ungeteilt bleiben, dan ein ietliche theoric ist practica specu-
lativa, weder mer noch weniger, dan wie praxis operativa“68).
„schauent an ein Zimmermann, der bauet sein haus im köpf,
wo nimpt er aber disen bau? aus der practica operativa, und
so er dieselbig nicht wisste, so möchte er speculativam nicht
vollenden; also komen beide practic aus der erfarenheit“69). „ist
bei uns auch der meinung, kein theoric zu führen, es werde dan
die practic das fundament“70). So wird also die Lehre von den
„in französische Art transmutierten“ Krankheiten auch von der
folgenden Praktik her zu beurteilen sein. Sie führt zu der Forde-
rung, daß die Syphilistherapie immer eine doppelte sein muß.
Einmal ist die Krankheit zu behandeln, aus der sie entstand, und
hierzu tritt dann die cura specifica. Eine Lebersyphilis ist als Leber-
krankheit zu behandeln und außerdem eine spezifische Kur ein-
zuleiten. So gewinnt erst von dieser ärztlichen Konsequenz her
die Theorie ihren Sinn.
Das gilt auch von dem viel diskutierten Fall der „gonorrhoischen
Blattern“ oder der „ins französische transmutierten Gonorrhoe“,
die eigentlich als einzige unter den zahlreichen von Parazelsus
beschriebenen Syphilisformen Beachtung gefunden hat.
Es war mehrere Jahrhunderte lang eine Streitfrage, ob die
verschiedenen Geschlechtskrankheiten als eine einheitliche Krank-
heit zu betrachten, oder ob Tripper und Syphilis zwei getrennte
Krankheiten wären. Die Unitarier und Dualisten standen sich in
erbitterter Auseinandersetzung gegenüber, und die Art, wie (z. B.
durch Inokulationen am Menschen) der Beweis für oder gegen
geführt wurde, gehört wohl zu den trübsten Kapiteln der Me-
dizingeschichte. Von den Dualisten, die, wie bekannt ist, schließ-
lich und endgültig gesiegt haben, wird mm Parazelsus immer
wieder vorgeworfen, daß er durch seine „unitarische“ Theorie
einem verhängnisvollen Irrtum Vorschub geleistet hätte. Wie steht
es nun tatsächlich damit?
Die Beziehung zwischen Gonorrhoe und Syphilis ist grund-
sätzlich dieselbe wie bei allen anderen luetischen Krankheits-
bildern. Es gibt also zunächst die Krankheit Gonorrhoe und dann
eine Erscheinungsform der Syphilis, die zu ähnlichen Symptomen
führt und die dann als „pustulosisehe“ oder auch „französische“
Gonorrhoe bezeichnet wird. Es ist recht wahrscheinlich, daß da-

68) VI, 314.

69) VI, 314.

70) VI, 388.
 
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