und Bekämpfung der Heeresseuchen
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haupt in Betracht gezogen wurde, es war aber keineswegs der
erste Fall der Epidemie. Denn am nächsten Tage hatten wir be-
reits 48 Fälle, von denen die meisten keinen nachweisbaren Zu-
sammenhang mit jenem Fall hatten. Und unter diesen Fällen
waren dann natürlich auch zahlreiche mit den klassischen Sym-
ptomen.
Im Frieden sowohl wie im Kriege, und im Kriege noch we-
niger, darf man sich niemals der Illusion hingeben, man erfasse
den ersten Fall einer Epidemie und könne sie durch seine Er-
kennung und Isolierung abwürgen. Wenn die ersten Fälle
erkannt werden, ist die Epidemie da.
Für den Typhus aber hätte man nach allen Erfahrungen aus
früheren Feldzügen auf die Diagnose gefaßt sein müssen, und
es war jedenfalls eine bedenkliche Tatsache, daß bis gegen Ende
1914 die Diagnostik unserer Ärzte versagte.
Dabei muß man sagen, daß das Bild des Typhus abdominalis,
wenn man vom kindlichen Alter absieht, wohl in weitaus ge-
ringerem Maße der oben erwähnten Variation der Erscheinungen
unterliegt als etwa die Cholera, die Ruhr, die WEiL’sche Krank-
heit, die Diphtherie. Nach meinen eigenen Feldzugserfahrungen
und nach Erfahrungen aus Kolonialländern vermag ich auch jene
oben erwähnte Meinung nicht zu bestätigen, der Typhus verliefe
beim geimpften Erwachsenen in wesentlich abgeänderter oder gar
abortiver Form.
Ich glaube im Gegenteil, daß die klassischen Symptome des
Typhus, die Kopfschmerzen, das Maskengesicht, die Teilnahms-
losigkeit, die Typhuszunge, die Discrepanz zwischen Puls und
Temperatur, der Milztumor beim Erwachsenen, dann die Roseolen,
auch beim Schutzgeimpften fast immer deutlich erkennbar sind.
Es hat sich ja auch, wie der Sanitätsbericht mitteilt, für die
ganze Kriegszeit nicht nachweisen lassen, daß von den Ge-
impften die Erkrankten weniger häufig gestorben seien als von
den Nichtgeimpften. Allerdings drückt sich der Sanitätsbericht nicht
ganz einheitlich aus. An anderer Stelle findet sich die Angabe,
von den Geimpften seien 6,5%, von den Ungeimpften 10,2%
gestorben. Noch weniger würde es möglich gewesen sein, etwa
statistische Verschiedenheiten des klinischen Verlaufs bei Ge-
impften oder Nichtgeimpften zu erfassen.
Es hat mit einem solchen, anscheinend wunderlichen Armee-
befehl wie dem obigen also doch schon etwas auf sich. Wir
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haupt in Betracht gezogen wurde, es war aber keineswegs der
erste Fall der Epidemie. Denn am nächsten Tage hatten wir be-
reits 48 Fälle, von denen die meisten keinen nachweisbaren Zu-
sammenhang mit jenem Fall hatten. Und unter diesen Fällen
waren dann natürlich auch zahlreiche mit den klassischen Sym-
ptomen.
Im Frieden sowohl wie im Kriege, und im Kriege noch we-
niger, darf man sich niemals der Illusion hingeben, man erfasse
den ersten Fall einer Epidemie und könne sie durch seine Er-
kennung und Isolierung abwürgen. Wenn die ersten Fälle
erkannt werden, ist die Epidemie da.
Für den Typhus aber hätte man nach allen Erfahrungen aus
früheren Feldzügen auf die Diagnose gefaßt sein müssen, und
es war jedenfalls eine bedenkliche Tatsache, daß bis gegen Ende
1914 die Diagnostik unserer Ärzte versagte.
Dabei muß man sagen, daß das Bild des Typhus abdominalis,
wenn man vom kindlichen Alter absieht, wohl in weitaus ge-
ringerem Maße der oben erwähnten Variation der Erscheinungen
unterliegt als etwa die Cholera, die Ruhr, die WEiL’sche Krank-
heit, die Diphtherie. Nach meinen eigenen Feldzugserfahrungen
und nach Erfahrungen aus Kolonialländern vermag ich auch jene
oben erwähnte Meinung nicht zu bestätigen, der Typhus verliefe
beim geimpften Erwachsenen in wesentlich abgeänderter oder gar
abortiver Form.
Ich glaube im Gegenteil, daß die klassischen Symptome des
Typhus, die Kopfschmerzen, das Maskengesicht, die Teilnahms-
losigkeit, die Typhuszunge, die Discrepanz zwischen Puls und
Temperatur, der Milztumor beim Erwachsenen, dann die Roseolen,
auch beim Schutzgeimpften fast immer deutlich erkennbar sind.
Es hat sich ja auch, wie der Sanitätsbericht mitteilt, für die
ganze Kriegszeit nicht nachweisen lassen, daß von den Ge-
impften die Erkrankten weniger häufig gestorben seien als von
den Nichtgeimpften. Allerdings drückt sich der Sanitätsbericht nicht
ganz einheitlich aus. An anderer Stelle findet sich die Angabe,
von den Geimpften seien 6,5%, von den Ungeimpften 10,2%
gestorben. Noch weniger würde es möglich gewesen sein, etwa
statistische Verschiedenheiten des klinischen Verlaufs bei Ge-
impften oder Nichtgeimpften zu erfassen.
Es hat mit einem solchen, anscheinend wunderlichen Armee-
befehl wie dem obigen also doch schon etwas auf sich. Wir