und Bekämpfung der Heeresseuchen
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reitstellung von Closettpapier, Vorschriften über rasche Erneue-
rung der Latrinen im Falle von Fliegenplage. Der Befehl ging
heraus, als die Armee nach dem Rückzug von der Marne in ihre
festen Stellungen gegangen war. An der Front war damals tat-
sächlich fast nichts derartiges geschehen. Es fehlte selbst bei hohen
Sanitätsdienststellen nicht an spöttischen Bemerkungen über die
Anordnungen vom grünen Tisch.
Es hat dann allerdings angesichts der raschen Zunahme der
Darmkrankheiten, besonders des Typhus, im Stellungskrieg nicht
lange gedauert, bis es klar wurde, daß jene Anordnungen keine
graue Theorie waren, sondern daß das Wohl und Wehe der
Truppe ebenso sehr wie von guten Unterständen und Lebens-
mitteldepots auch von einwandfreien und dauernd gut unterhal-
tenen Latrinen abhängig sei. Später haben wir ja sogar, wenn
Ruhr oder Cholera drohte, an den Latrinen Gefäße mit desinfi-
zierenden Lösungen aufgestellt, an denen jeder nach der Defaeka-
tion sich waschen sollte. Damals hätte man uns ausgelacht, wenn
etwas Ähnliches schon in jenem Armeebefehl gestanden hätte.
In den Merkblättern, die im Laufe des Jahres 1915 über
den Typhus herausgegeben wurden, sind dann alle diese Forde-
rungen sehr energisch erhoben und ist noch manches andere
dazu gefordert worden, auch die Händereinigung mit der be-
rühmten Losung: „Nach dem Stuhlgang, vor dem Essen, Hände-
waschen nicht vergessen!“ Der Frontsoldat hätte sicher eine
derbere, auch zugkräftigere Formulierung gefunden.
Die Truppe sah dann sehr rasch ein, daß es mit dem Be-
wegungskrieg aus war und daß das Kriegführen und das Leben
im Kriege eine tiefeingreifende Veränderung erfahren hatte, die
ein Leben auf einer völlig veränderten Basis bedeutete.
Man muß aber damit rechnen, daß in einem künftigen Krieg
zunächst alles vergessen und das Verständnis für die Hygiene
der Unterkunft nicht allzu groß sein wird. Daß es im Weltkrieg
rasch anders wurde, ist das Verdienst vieler ungenannter Korps-
hygieniker, denen wir es zu danken haben, daß die Zahlen
der Infektionskrankheiten, besonders was Typhus und Ruhr angeht,
relativ zur Größe des Heeres, im Vergleich mit früheren Kriegen
und vor allem im Hinblick auf die schwierigen Verhältnisse an
den Fronten so niedrig geblieben sind.
Denn Zahlen von rund 116 000 Fällen von Typhus — die
Paratyphen sind leider im Sanitätsbericht nicht gesondert, son-
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reitstellung von Closettpapier, Vorschriften über rasche Erneue-
rung der Latrinen im Falle von Fliegenplage. Der Befehl ging
heraus, als die Armee nach dem Rückzug von der Marne in ihre
festen Stellungen gegangen war. An der Front war damals tat-
sächlich fast nichts derartiges geschehen. Es fehlte selbst bei hohen
Sanitätsdienststellen nicht an spöttischen Bemerkungen über die
Anordnungen vom grünen Tisch.
Es hat dann allerdings angesichts der raschen Zunahme der
Darmkrankheiten, besonders des Typhus, im Stellungskrieg nicht
lange gedauert, bis es klar wurde, daß jene Anordnungen keine
graue Theorie waren, sondern daß das Wohl und Wehe der
Truppe ebenso sehr wie von guten Unterständen und Lebens-
mitteldepots auch von einwandfreien und dauernd gut unterhal-
tenen Latrinen abhängig sei. Später haben wir ja sogar, wenn
Ruhr oder Cholera drohte, an den Latrinen Gefäße mit desinfi-
zierenden Lösungen aufgestellt, an denen jeder nach der Defaeka-
tion sich waschen sollte. Damals hätte man uns ausgelacht, wenn
etwas Ähnliches schon in jenem Armeebefehl gestanden hätte.
In den Merkblättern, die im Laufe des Jahres 1915 über
den Typhus herausgegeben wurden, sind dann alle diese Forde-
rungen sehr energisch erhoben und ist noch manches andere
dazu gefordert worden, auch die Händereinigung mit der be-
rühmten Losung: „Nach dem Stuhlgang, vor dem Essen, Hände-
waschen nicht vergessen!“ Der Frontsoldat hätte sicher eine
derbere, auch zugkräftigere Formulierung gefunden.
Die Truppe sah dann sehr rasch ein, daß es mit dem Be-
wegungskrieg aus war und daß das Kriegführen und das Leben
im Kriege eine tiefeingreifende Veränderung erfahren hatte, die
ein Leben auf einer völlig veränderten Basis bedeutete.
Man muß aber damit rechnen, daß in einem künftigen Krieg
zunächst alles vergessen und das Verständnis für die Hygiene
der Unterkunft nicht allzu groß sein wird. Daß es im Weltkrieg
rasch anders wurde, ist das Verdienst vieler ungenannter Korps-
hygieniker, denen wir es zu danken haben, daß die Zahlen
der Infektionskrankheiten, besonders was Typhus und Ruhr angeht,
relativ zur Größe des Heeres, im Vergleich mit früheren Kriegen
und vor allem im Hinblick auf die schwierigen Verhältnisse an
den Fronten so niedrig geblieben sind.
Denn Zahlen von rund 116 000 Fällen von Typhus — die
Paratyphen sind leider im Sanitätsbericht nicht gesondert, son-