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Soergel, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1941, 4. Abhandlung): Der Klimacharakter der als nordisch geltenden Säugetiere des Eiszeitalters — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.43858#0004
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W. SOERGEL: Der Klimacharakter

den älteren, teilweise ähnliche Fragen behandelnden Auseinander-
setzungen über die Steppentheorie und die faunistischen Auffas-
sungen Nehrings ab — hat wohl Schlosser (1909, 1916) für das
diluviale Rentier derartige Bedenken geäußert. Er glaubte, daß das
Rentier sich erst während der letzten Eiszeit an ein kaltes Klima an-
gepaßt habe, „wodurch es dann befähigt wurde, mit dem Zurück-
weichen der Gletscher in die arktischen Gebiete einzudringen“.
Einen ähnlichen Standpunkt vertrat später Kormos (1916), der
schließlich 1926 in einem Beitrag zu einer in ungarischer Sprache
veröffentlichten, außerhalb des ungarischen Sprachgebietes kaum
bekannt gewordenen Arbeit von Lambrecht (1926) seine Auffassung
von der Gliederung des Eiszeitalters und von der faziellen und
stratigraphischen Stellung diluvialer Säugetiere und Säugetier-
faunen niedergelegt hat. Wesentliche Teile dieser Betrachtungen
hat er 1933 in deutscher Sprache veröffentlicht. Inzwischen hatte
Ehrenberg (1932) zu dem Problem der diluvialen Kaltformen mit
dem allgemeinen Ergebnis Stellung genommen, „daß bei der Be-
urteilung plistozäner Faunenelemente als Kälte-Indikatoren ein ge-
wisses Maß von Vorsicht unbedingt geboten ist, daß wir uns vor
allem bei weiteren Schlußfolgerungen Zurückhaltung auferlegen
müssen. Ganz besonders wird das hinsichtlich des Altdiluviums an-
gezeigt sein“*. Ehrenberg geht von der Frage aus, „welche Beweise
wir dafür zur Verfügung haben, daß diese Formen schon vor dem
Plistozän im Norden gelebt haben und daß schon vor dem Plistozän
im Norden ein eiszeitliches, arktisches Klima vorhanden war“. Mit
der Beantwortung dieser Frage „steht und fällt“ nach Ehrenberg
„die grundsätzliche und vorbehaltlose Berechtigung zur
Bewertung dieser Formen als plistozäne Kälteformen“.
über Ehrenberg’s, eine vorsichtige Beurteilung fordernde Be-
denken hinaus, hat in neuester Zeit A. Penck (1938) den als Kalt-
formen geltenden diluvialen Säugetieren eine fazielle und strati-
graphische Bedeutung nahezu abgesprochen. Er hat die Meinung
vertreten, daß für die Säugetiere des Eiszeitalters mit einer großen
Eurythermie zu rechnen sei und daß weder Mammut und Woll-
nashorn noch die diluvialen Vorfahren bzw. nächsten Verwandten
heutiger arktischer Arten als Zeugen für kalte, eiszeitliche Klima-
verhältnisse gelten könnten. Eiszeitliche und zwischeneiszeitliche
Faunen sollen deshalb nicht scharf zu unterscheiden, Eiszeiten aus
besonderen Säugetierbeständen im jeweils nicht vereisten Gebiet
Mitteleuropas nicht zu erkennen sein.
 
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