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Soergel, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1941, 4. Abhandlung): Der Klimacharakter der als nordisch geltenden Säugetiere des Eiszeitalters — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.43858#0018
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W. SOERGEL: Der Klimacharakter

der ersten Mindelvereisung (Eberl 1930). Andree (1933) stellte ihn
zu Ovibos moschatus wardi Lyd., nachdem Stromer im Vergleich
mit zwei rezenten Schädeln dieser Unterart festgestellt hatte, „daß
wesentliche Unterschiede gegenüber rezenten Schädeln von Ovibos
moschatus nicht nachweisbar sind”. Reste von 2 Moschusochsen,
darunter ein größeres Schädelstück (vgl. Soergel 1941b), stammen
aus den wahrscheinlich noch älteren Kiesen von Süßenborn. Hier
erweist, wie früher (Soergel 1939) ausgeführt wurde, das sehr sel-
tene Vorkommen in einer individuenreichen Fauna eines über 35
Jahre sorgfältig überwachten Kieslagers, daß der Moschusochse ein
nur in harten Wintern erscheinender Zugänger aus nördlicheren
Gebieten, daß er eine Kaltform gewesen ist.
Wie vom Ren, so kennen wir vom Moschusochsen nicht den vor-
diluvialen Vorfahren. Er wird in Gebieten gelebt haben, deren plio-
zäner Säugetierbestand uns noch nicht erschlossen ist. Es kann sich
dabei aus den schon für das Rentier genannten Gründen nur um
nördliche Gebiete handeln: in ihnen muß auch beim Moschusochsen
die Kälteanpassung, die im Altdiluvium vollzogen war, eingeleitet
worden sein. Daß bis in hohe Rreiten vor Einsetzen stärkerer Ver-
eisungen Säugetiere verbreitet waren, kann nicht zweifelhaft sein.
Und welche Säugetiere sollen denn, so ist auch hier zu fragen, in
vordiluvialer Zeit im hohen Norden gelebt haben, wenn nicht die,
die schon im Altdiluvium Kaltformen waren?
Der Moschusochse, Ovibos im engeren Sinne, ist, soweit wir ihn
über das Eiszeitalter zurückverfolgen können, stets eine Kaltform
gewesen. Dasselbe gilt für den bisher nur aus altdiluvialen Ab-
lagerungen bekannten Praeovibos.
Im Kieslager von Frankenhausen, aus dem der Typusschädel der
Gattung stammt (Staudinger 1908), fand er sich in einem Faunen-
bestand, der auf eine ausgesprochen offene Landschaft und damit
auf klimatische Verhältnisse schließen läßt, wie sie in Thüringen
nur während einer ausgedehnteren nordischen Vereisung bestan-
den haben. Der bei einer Schachtanlage des Steinkohlenwerkes
Rielschowitz (Oberschlesien) in 50 m Teufe gefundene Schädel lag
in Sanden, die entgegen der von Michael (1902) vertretenen Auf-
fassung nur als altdiluvial angesprochen werden können. Sie ge-
hören zur Serie elstereiszeitlicher Ablagerungen. Der Mosbacher
Schädel (Schertz 1937) ist wie die Rentierstange ein Einzelfund in-
mitten einer sehr individuenreichen Fauna: Praeovibos kann hier
also nicht zum Standwild gehört haben, er hat wie das Rentier als
 
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