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Soergel, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1941, 4. Abhandlung): Der Klimacharakter der als nordisch geltenden Säugetiere des Eiszeitalters — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.43858#0026
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W. SOERGEL: Der Klimacharakter

in Totengemeinschaften gerieten, in denen mit klimatisch indiffe-
renten auch mal klimatisch anspruchsvollere Arten vorkommen, ist
selbstverständlich und schmälert den Kaltformcharakter nicht.
Neben sehr zahlreichen jungdiluvialen kennen wir heute nur
zwei Vorkommen, die als mitteldiluvial bezeichnet werden kön-
nen. Wenn man mit Brunner eine Altersbestimmung auf das Vor-
kommen des im wesentlichen altdiluvialen Sorex kennardi Hinton
gründet, wird man die Fauna aus dem Osterloch (Brunner 1936)
und aus der Hirtenweberhöhle (Brunner 1939), deren Artenbe-
stände ein altdiluviales Alter ausschließen, am ehesten dem Mit-
teldiluvium zuweisen können. Da in der Hirtenweberhöhle Dicro-
stonyx, im Osterloch Dicrostonyx und Lemmus in der gleichen
Tiergesellschaft erscheinen wie im Jungdiluvium, so müssen sie im
Mitteldiluvium den gleichen Klimacharakter besessen haben, also
schon Kaltformen gewesen sein.
Im Mitteldiluvium endet für Dicrostonyx die Wegstrecke, über
die wir seine Geschichte zurückverfolgen können. Vordiluviale Vor-
fahren oder nähere Verwandte sind nicht bekannt. Stehlin (Du-
bois et Stehlin 1933) hält es für wahrscheinlich, daß die Gattung
sich irgendwie im Bereich ihrer gegenwärtigen Verbreitung ent-
wickelt habe. Wir teilen diese Auffassung aus den gleichen Grün-
den, die uns für das Rentier auf eine vordiluviale nordische Ver-
breitung schließen ließen. Was soll in vordiluvialer Zeit in höhe-
ren Breiten gelebt haben, wenn nicht das, was sich in südliche-
ren Gebieten in Ablagerungen dieser Zeit nirgends hat finden las-
sen und was später als Kaltform in diesen Gebieten erschien?
Allerdings ist das Nicht-gefunden-sein bei kleinen, in ihren
Resten nicht leicht auffindbaren Tieren ein mit besonderer Vor-
sicht zu verwertendes Kriterium. Es kann deshalb die hier vertre-
tene Auffassung zunächst nur als möglich, bestenfalls als wahr-
scheinlich bezeichnet werden; ein endgültiges Urteil wird erst nach
einer gründlicheren paläofaunistischen Durchforschung der ge-
mäßigten Klimazone gefällt werden können.
Man hat geglaubt, Lemmus weiter als Dicrostonyx in die Ver-
gangenheit zurückverfolgen zu können. Die Gattung wurde aus der
Sackdillinger Höhle zuerst von Heller (1930) gemeldet, aber nicht
ohne Bedenken der übrigen Fauna zugezählt. Brunner (1933) stellte
bei einer neuen Grabung fest, daß auf Lemmus zu beziehende
Reste in dem ungestörten Fundgestein lagen, also mit den anderen
Säugetierresten gleichen Alters sind. Die ganze Fauna gehört wie
 
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