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Häfner, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1993/1994, 1. Abhandlung): Weshalb erkranken Frauen später an Schizophrenie?: vorgetragen in der Sitzung vom 13. Februar 1993 — Berlin, Heidelberg [u.a.]: Springer, 1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.48136#0012
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H. Häfner

Versuch, nach kausalen Faktoren zu suchen, die, wenn schon nicht am Er-
krankungsrisiko der Schizophrenie seihst, so doch wenigstens am Auftreten und
Verschwinden der Symptome beteiligt sein könnten, konnte man sich allerdings nur
in unkündbarer Stellung leisten.

Die Suche nach einem hoffnungsvollen Ansatz
Die erste Frage, die sich einem solchen Vorhaben stellt, ist die nach neuen erfolg-
versprechenden Ansätzen. Die Epidemiologie - sie ist das Arbeitsgebiet, dessen
Methodenarsenal ich am besten beherrsche - kann Hinweise auf kausale Faktoren
geben, die mit dem Auftreten einer Krankheit verbunden sind, wenn diese dem
Krankheitsausbruch vorausgehen und mit ihm signifikant und konsistent, von
geeigneten Vergleichswerten abweichend, verknüpft sind. Beispiele sind die von J.
Snow 1853 bei zwei Epidemien in London nachgewiesenen Häufungen von Cholera-
erkrankungen und -todesfällen in Wohngebieten mit kontaminiertem Trinkwasser
und in Familien, die sich an kontaminierten Brunnen versorgten. Auf diese Weise
vermag die Epidemiologie zwar zu plausiblen Hypothesen über die Ursachen einer
Krankheit zu gelangen. Die Prüfung dieser Hypothesen mit dem Ziel der Aufdeckung
der Ätiologie der Krankheit bzw. des zugrundeliegenden kausalen Mechanismus - im
Falle der Cholera die Infektion mit dem Bacterium Cholerae - ist allerdings nur auf
einer anderen, der biologischen Ebene möglich, auf jener Ebene nämlich, der auch die
ursächlichen Faktoren und ihr Wirkmechanismus zugehören.
Der Weg, zu aussichtsreichen Hinweisen zu gelangen, ist zunächst das Studium
der wissenschaftlichen Literatur. Leider war es im ersten Ansatz nicht ermutigend.
Die jüngsten, mit präzisen Diagnosedefinitionen und transnational validierten
Erhebungsinstrumenten durchgeführten Studien, insbesondere die in 12 Zentren
aus 10 Ländern durchgeführte WHO Schizophrenie-Studie war zu dem Ergebnis
gekommen, daß das Erkrankungsrisiko der Schizophrenie in allen untersuchten
Ländern mit Jahresinzidenzraten für eine präzise und enge Definition der Krankheit
zwischen 7 und 14 pro 100000 annähernd gleich ist (Jablensky et al. 1992). Die
soziale Ungleichverteilung innerhalb offener Gesellschaften, die eine Generation
von Sozialepidemiologen beschäftigt hatte, erwies sich eher als Folge denn als
Ursache der Erkrankung (Häfner 1993).
Auf einer detaillierteren Ebene fanden wir dann doch zwei konsistent von den
Erwartungswerten abweichende epidemiologische Befunde: die saisonale Geburts-
terminverteilung Schizophrener und einen Geschlechtsunterschied im Erstaufnah-
mealter. Wir untersuchten zuerst den 2% bis maximal 10% erreichenden Exzeß von
Geburtsterminen Schizophrener im Frühjahr, der in vielen Ländern auf der Nord-

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