Weshalb erkranken Frauen später an Schizophrenie?
23
zugrundeliegende Wirkmechanismus geklärt zu sein. Um diese Ergebnisse auf die
menschliche Schizophrenie übertragen zu können, war jedoch noch ihre Prüfung
auf der klinischen Ebene erforderlich.
Die Möglichkeiten dieser Prüfung sind aus verschiedenen Gründen sehr begrenzt.
Zusammen mit A. Riecher-Rössler (Riecher-Rössler und Häfner 1993) haben wir den
menstruellen Zyklus als Variation der Bedingung „Östrogensekretion“ gewählt und
akut schizophrene Frauen mit normalem menstruellem Zyklus untersucht. Wir for-
mulierten zwei Hypothesen:
1. In akuten schizophrenen Episoden verändert sich die Intensität der Symptomatik
in Abhängigkeit von der Zyklusphase: in der östrogenarmen prämenstruellen Phase
ist die Symptomatik am stärksten, in der östrogenreichen präovulatorischen Phase
am geringsten.
2. Östradiolserumspiegel und das Maß der schizophrenen Symptomatik korrelieren
negativ. Wir haben 32 an akut schizophrener Symptomatik leidende Frauen im Alter
von 18-43 Jahren (Mittel 30,5 Jahre) untersucht. Der Menstruationszyklus wurde in
4 Teilphasen unterteilt. In siebentägigem Abstand wurden Östradiol- und andere
hormonelle Parameter bestimmt. Gleichzeitig wurde die Symptomatik mit Selbst-
und Fremdbeurteilungsinstrumenten erfaßt (Riecher-Rössler et al. 1993).
Die Prüfung der Hypothesen am menstruellen Zyklus
akut schizophrener Frauen
Wir fanden im Vergleich zu Normwerten gesunder Frauen verringerte Zyklus-
schwankungen und niedrigere Mittelwerte für Östradiol und Progesteron in der
Mehrzahl der schizophrenen Frauen. Wahrscheinlich geht ein Teil der Minder-
sekretion von Sexualhormonen auf die neuroleptische Behandlung zurück. Ein
anderer Teil ist durch eine mit dem Krankheitsprozeß assoziierte Störung der
gonadalen Achse bedingt, wofür es zahlreiche Hinweise aus der Zeit vor der
Einführung der Neuroleptika gibt (Riecher-Rössler und Häfner 1993). Trotz der
verringerten Östradiolschwankungen und der kleinen Zahl untersuchter Patien-
tinnen fand sich sowohl ein signifikanter Zusammenhang zwischen der schizo-
phrenen und der unspezifischen Symptomatik einerseits und den Zyklusphasen
andererseits im Sinne unserer Hypothese 1, als auch eine signifikant negative
Korrelation zwischen Östradiolspiegel und Symptommaßen mit Ausnahme der
Depressivität (p < .05).
Damit werden Übertragbarkeit und klinische Relevanz unserer Hypothesen
bestätigt: Es kann als wahrscheinlich gelten, daß sich die akute schizophrene
-23-
23
zugrundeliegende Wirkmechanismus geklärt zu sein. Um diese Ergebnisse auf die
menschliche Schizophrenie übertragen zu können, war jedoch noch ihre Prüfung
auf der klinischen Ebene erforderlich.
Die Möglichkeiten dieser Prüfung sind aus verschiedenen Gründen sehr begrenzt.
Zusammen mit A. Riecher-Rössler (Riecher-Rössler und Häfner 1993) haben wir den
menstruellen Zyklus als Variation der Bedingung „Östrogensekretion“ gewählt und
akut schizophrene Frauen mit normalem menstruellem Zyklus untersucht. Wir for-
mulierten zwei Hypothesen:
1. In akuten schizophrenen Episoden verändert sich die Intensität der Symptomatik
in Abhängigkeit von der Zyklusphase: in der östrogenarmen prämenstruellen Phase
ist die Symptomatik am stärksten, in der östrogenreichen präovulatorischen Phase
am geringsten.
2. Östradiolserumspiegel und das Maß der schizophrenen Symptomatik korrelieren
negativ. Wir haben 32 an akut schizophrener Symptomatik leidende Frauen im Alter
von 18-43 Jahren (Mittel 30,5 Jahre) untersucht. Der Menstruationszyklus wurde in
4 Teilphasen unterteilt. In siebentägigem Abstand wurden Östradiol- und andere
hormonelle Parameter bestimmt. Gleichzeitig wurde die Symptomatik mit Selbst-
und Fremdbeurteilungsinstrumenten erfaßt (Riecher-Rössler et al. 1993).
Die Prüfung der Hypothesen am menstruellen Zyklus
akut schizophrener Frauen
Wir fanden im Vergleich zu Normwerten gesunder Frauen verringerte Zyklus-
schwankungen und niedrigere Mittelwerte für Östradiol und Progesteron in der
Mehrzahl der schizophrenen Frauen. Wahrscheinlich geht ein Teil der Minder-
sekretion von Sexualhormonen auf die neuroleptische Behandlung zurück. Ein
anderer Teil ist durch eine mit dem Krankheitsprozeß assoziierte Störung der
gonadalen Achse bedingt, wofür es zahlreiche Hinweise aus der Zeit vor der
Einführung der Neuroleptika gibt (Riecher-Rössler und Häfner 1993). Trotz der
verringerten Östradiolschwankungen und der kleinen Zahl untersuchter Patien-
tinnen fand sich sowohl ein signifikanter Zusammenhang zwischen der schizo-
phrenen und der unspezifischen Symptomatik einerseits und den Zyklusphasen
andererseits im Sinne unserer Hypothese 1, als auch eine signifikant negative
Korrelation zwischen Östradiolspiegel und Symptommaßen mit Ausnahme der
Depressivität (p < .05).
Damit werden Übertragbarkeit und klinische Relevanz unserer Hypothesen
bestätigt: Es kann als wahrscheinlich gelten, daß sich die akute schizophrene
-23-