Nachkommen könstL veränderter Blüten von Sempervivum.
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sich knüpfenden Überlegungen, die sich aus den Versuchen an
Algen und Pilzen zuerst ergeben hatten. Rein theoretisch mußte
man voraussetzen, was die Erfahrung auch bestätigte, daß die
in den Zellen waltenden inneren Bedingungen für die Blüten-
bildung anders beschaffen sein müssen, als für das vegetative
Wachstum, wie es sich bei Sempervivum in der Bildung und dem
Wachstum der Blattrosetten zeigt. Vor allem ließ sich nachweisen,
daß die besonderen inneren Bedingungen für jeden der beiden
Lebensprozesse im notwendigen Zusammenhang mit bestimmten
äußeren Bedingungen stehen, deren Kenntnis es ermöglicht, im
Versuch über Eintreten oder Nichteintreten zu entscheiden. Die
Erwartung, daß jeder der Lebensprozesse durch qualitativ ver-
schiedene äußere Bedingungen erregt würde, konnte durch die
Erfahrung nicht bestätigt werden. Soweit sich hei den Anfängen
unserer Kenntnisse bisher beurteilen läßt, sind es immer die
gleichen Faktoren der Außenwelt, die beide Prozesse erregen.
Der wesentliche Unterschied liegt in den quantitativ verschie-
denen Verhältnissen der betreffenden Faktoren. Um nur ein
Beispiel zu nehmen, entscheidet die Höhe der Temperatur im
geeigneten Moment darüber, ob die Rosette blühen soll oder
nicht. Eine blühreife Rosette (aber noch ohne Blütenanlagen)
wird von Mitte März bis Mitte April durch Kultur im Dunkeln
bei einer konstanten Temperatur von 26° wieder in den vege-
tativen Zustand versetzt, während eine entsprechende Rosette
im Dunkeln hei 15° ihren Blütenstand später entfaltet.
Solche Einflüsse der Temperatur wie auch die anderer
Faktoren, Licht, Feuchtigkeit usw., sind aber nur deshalb ent-
scheidend, weil sic durch Änderungen der Ernährung die inneren
Bedingungen verändern. Die Experimente bei einfachen Algen
wie bei den Blütenpflanzen führen zu der Anschauung, die aber
nur den Wert einer Arbeitshypothese*) hat, daß für die Bildung
der Geschlechtsorgane im Vergleich zu dem vegetativen Wachs-
tum eine Anhäufung gewisser organischer Stoffe, besonders der
Kohlehydrate, wie Zucker, Stärke, nötig erscheint. Dabei kommt es
U Mir lag es immer und liegt es auch heute fern, mit dieser Hypothese
auf einmai die Blütenbildung in atten Fällen zu erklären. Ich verkenne durch-
aus nicht, die Richtigkeit der Einwände, die JosT (1908, S. 445) dagegen an-
führt, da in der Tat das Problem bei den Blütenpflanzen viel komplizierter
ist als bei den Algen. Indessen hat die Hypothese den großen Vorteil, daß
sie geprüft, werden kann, mag sie auch später verändert oder ganz verlassen
werden.
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sich knüpfenden Überlegungen, die sich aus den Versuchen an
Algen und Pilzen zuerst ergeben hatten. Rein theoretisch mußte
man voraussetzen, was die Erfahrung auch bestätigte, daß die
in den Zellen waltenden inneren Bedingungen für die Blüten-
bildung anders beschaffen sein müssen, als für das vegetative
Wachstum, wie es sich bei Sempervivum in der Bildung und dem
Wachstum der Blattrosetten zeigt. Vor allem ließ sich nachweisen,
daß die besonderen inneren Bedingungen für jeden der beiden
Lebensprozesse im notwendigen Zusammenhang mit bestimmten
äußeren Bedingungen stehen, deren Kenntnis es ermöglicht, im
Versuch über Eintreten oder Nichteintreten zu entscheiden. Die
Erwartung, daß jeder der Lebensprozesse durch qualitativ ver-
schiedene äußere Bedingungen erregt würde, konnte durch die
Erfahrung nicht bestätigt werden. Soweit sich hei den Anfängen
unserer Kenntnisse bisher beurteilen läßt, sind es immer die
gleichen Faktoren der Außenwelt, die beide Prozesse erregen.
Der wesentliche Unterschied liegt in den quantitativ verschie-
denen Verhältnissen der betreffenden Faktoren. Um nur ein
Beispiel zu nehmen, entscheidet die Höhe der Temperatur im
geeigneten Moment darüber, ob die Rosette blühen soll oder
nicht. Eine blühreife Rosette (aber noch ohne Blütenanlagen)
wird von Mitte März bis Mitte April durch Kultur im Dunkeln
bei einer konstanten Temperatur von 26° wieder in den vege-
tativen Zustand versetzt, während eine entsprechende Rosette
im Dunkeln hei 15° ihren Blütenstand später entfaltet.
Solche Einflüsse der Temperatur wie auch die anderer
Faktoren, Licht, Feuchtigkeit usw., sind aber nur deshalb ent-
scheidend, weil sic durch Änderungen der Ernährung die inneren
Bedingungen verändern. Die Experimente bei einfachen Algen
wie bei den Blütenpflanzen führen zu der Anschauung, die aber
nur den Wert einer Arbeitshypothese*) hat, daß für die Bildung
der Geschlechtsorgane im Vergleich zu dem vegetativen Wachs-
tum eine Anhäufung gewisser organischer Stoffe, besonders der
Kohlehydrate, wie Zucker, Stärke, nötig erscheint. Dabei kommt es
U Mir lag es immer und liegt es auch heute fern, mit dieser Hypothese
auf einmai die Blütenbildung in atten Fällen zu erklären. Ich verkenne durch-
aus nicht, die Richtigkeit der Einwände, die JosT (1908, S. 445) dagegen an-
führt, da in der Tat das Problem bei den Blütenpflanzen viel komplizierter
ist als bei den Algen. Indessen hat die Hypothese den großen Vorteil, daß
sie geprüft, werden kann, mag sie auch später verändert oder ganz verlassen
werden.