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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1909, 5. Abhandlung): Über die Nachkommen künstlich veränderter Blüten von Semperivivum — Heidelberg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.37024#0023
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Nachkommen künstl. veränderter Blüten von Sempervivum.

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liehen durch Wirkungen der Außenwelt entstehen. Infolgedessen
definierte ich als Variation einer von einem Individuum aus
vegetativ oder durch strenge Selbstbefruchtung vermehrten
Spezies die Gesamtheit der Veränderungen aller morphologischen
und physiologischen Merkmale unter dem Einfluß der Außenwelt.
Diese Definition ist auch von anderen Forschern anerkannt
worden, so von JosT in seinen bekannten Vorlesungen. ßAUR
(1907, S. 448) schlägt vor, einen anderen Ausdruck, nämlich Modi-
fikation an Stelle von Variation zu setzen, weil in der Tat der
letztere Ausdruck vielfach in weiterer Fassung verwendet wird
und zu Mißverständnissen Anlaß gibt. Zwischen den Variationen
einerseits, den Mutationen andererseits gibt es, der Definition
nach, nur einen, aber sehr wesentlichen Unterschied, der sich
auf das Verhalten der Nachkommen bezieht ; die nicht erblichen
nennt man Variationen resp. Modifikationen, die erblichen Mu-
tationen.
Die Mutationstheorie von DE VniES ist von dem richtigen und
praktisch verwendbaren Gedanken getragen, daß der Gesamt-
charakter einer Art sich aus einer relativ kleinen Anzahl elemen-
tarer Merkmale zusammensetzt, die gewissermaßen selbständige
Einheiten vorstellen, die sich in mannigfachster Weise kombi-
nieren und wieder trennen können, eine Anschauung, die durch
die moderne Bastardlehre aufs beste bestätigt erscheint. DE VrtiES

zweite eine unnötige Annahme. Die Vorwürfe JoHANNSENS (1909, S. 327),
die auf solchen Mißverständnissen beruhen, sind daher höchst überflüssig
und unberechtigt. Sie sind um so unberechtigter, als ich mehrfach (1903,
S. 158, 1905y S. 315, 1906, S. 124) den Unterschied von Variationen und
Mutationen klar auseinandergesetzt habe, um den Kern des Erblichkeits-
probtems möglichst scharf herauszulösen. Ich habe damals gesagt, die spe-
zifische Struktur müsse bei Entstehung einer Mutation geändert werden, und
diese Änderung veranschaulicht durch Analogien mit den durch chemische
Änderungen veranlaßten Änderungen in dem Verhältnis ihrer Eigenschaften zur
Außenwelt. Das hat auch BAUR (1907, S. 448) übersehen, der mir ebenfalls
vorwirft, die beiden Dinge zusammengeworfen zu haben. BAUR sucht genau
in der gleichen Weise, wie ich es getan habe, den Unterschied durch Ver-
gleich chemischer Substanzen zu veranschaulichen, indem er auf den Unter-
schied von flüssigem und festem Paraffin hinweist. Dieser Vergleich ist
vielleicht nicht ganz glücklich, da er ziemlich das Gegenteil von dem ver-
anschaulicht, was BAUR sagen möchte. Denn bei den Paraffinen beruht der
Unterschied auf quantitativ verschiedenen Mischungen aller möglicher
höheren Kohlenwasserstoffe. Folglich könnte man ohne Schwierigkeit durch
andere Mischung sich eine kontinuierliche Reihe von Übergangsstoffen her-
stellen. Im übrigen stimmen die Ausführungen BAURS ebenso wie die von
JonANNSEN in vielem mit dem überein, was ich vertreten habe.
 
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