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Lenard, Philipp; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 16. Abhandlung): Über Äther und Materie: Vortrag ... — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37042#0012
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12

P. Lenard:

Erscheinung ist diese: Schon wenn der Stein noch ruht, relativ
zur Erde, wenn er noch festgehalten ist, ist die Bewegung vor-
handen in dem Medium zwischen ihm und der Erde, im Äther,
eine Bewegung, die immer im Äther ist, unmittelbar verknüpft
mit den Atomen der Materie, die in ihm eingebettet sind und
wesentlich zu diesen Atomen gehörend und um dieselben
gruppiert. Lassen wir den Stein los, so ist seine Fallbewegung
keine neue Bewegung, sondern es ist nur die schon vorhanden
gewesene Bewegung des Äthers, die nur jetzt, da sie sich auf
die sichtbare Materie, den Stein, übertragen hat, sichtbar ge-
worden ist. Wir sind noch nicht im mindesten in der Lage,
über dieses Wunder des fallenden Steins, das wir dank GALILEI
und NEWTON und ihrer Nachfolger so fein mathematisch be-
schreiben können, weiteres anzugeben. Nur eines ist uns An-
halt für Fortschritte hierin: wir haben neuerdings erkannt, daß
die Atome der Materie, an welchen diese Athervorgänge hängen,
aus positiver und negativer Elektrizität zusammengesetzt sind.
Wir wissen weiter — schon seit COULOMB —, daß die Elektri-
zitäten aufeinander auch genau solche NEWTON'sehen Kräf te aus-
üben wie Erde und Stein aufeinander. Nehmen wir also jetzt
statt zweier gegeneinander gravitierender Atome, die aus
Elektrizitäten zusammengesetzt sind, zwei einzelne elektrische
Quanten für sich allein, dann haben wir ein einfacheres
und zugleich fundamentaleres Problem. Wir werden sehen,
wieviel Schwierigkeiten schon dieses bietet. Wir müssen hier
von den Kraftlinien ausgehen, welche von FARADAY und
MAXWELL zu dem Zweck ersonnen waren, diese elektrischen (und
wie wir sehen werden, auch die magnetischen) Kräfte darzu-
stellen. Die Darstellung ist in der Tat eine ganz vollkommene.
Die Linien geben uns Antwort auf alle Fragen, die wir bezüglich
des Verhaltens und der Wirkung des dargestellten elektrischen
Systems stellen könnten. Man mnß nur immer denken, daß
diese Linien sich wie gespannte Fäden verhalten, die gleich-
zeitig sich seitlich voneinander drängen. So formen und ordnen
sie sich auch, und so wirken sie. Jede solche elektrische
Kraftlinie fängt an, wo positive Elektrizität sitzt und endet,
wo negative Elektrizität sitzt; nie endet eine frei im Raum,
wo keine Elektrizität sitzt. Wir sind infolgedessen sicher, daß
es gleichviel positive und negative Elektrizität in der Welt gibt,
soweit wir sie irgend kennen. Wir können auch nie Elektrizität
 
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