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Cantor, Moritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 25. Abhandlung): Karl Wilhelm Feuerbach — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37051#0018
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Morilz Caniör : Karl Wilhelm Feuerbach.

Der Rauminhalt der durch diese vier Schnittpunkte bestimmten
Pyramide läßt sich mittels cp 1, n, m mit Zuziehung des Raum-
inhaltes der Urpyramide berechnen.
Die hier in ziemlicher Ausführlichkeit gegebene Inhalts-
anzeige des Manuskripts läßt begreiflich erscheinen, daß man
umsonst nach einem Verleger für dasselbe suchte. Es war im
Grunde doch nur ein Bruchstück, welches man ihm anbieten
konnte, und was davon von hervorragender Wichtigkeit ßein
konnte, das war inzwischen kein neuer Gedanke mehr.
Der kundige Leser meines Gerichtes weiß, daß ich das
meine, was Feuerbach die vier Koeffizienten eines Punktes
genannt hat, und was nichts anderes ist, als dessen heute
sogenannte Tetraederkoordinaten. Als ihr Erfinder gilt
August Ferdinand Möbius (1790—1868), und in der Tat
finden sich sowohl die Dreieckskoordinaten in der Ebene als
die Tetraederkoordinaten im Raum in dessen Werk: Der hary-
zentrische Kalkül, ein neues Hilfsmittel zur analy-
tischen Behandlung der Geometrie. Leipzig 1827. Es
kann keinem Zweifel unterworfen sein, daß Möbius und Feuer-
bach gleich unabhängige Erfinder waren. Keine Möglichkeit läßt
sich dafür ausdenken, daß der eine von ihnen unmittelbar oder
mittelbar von den gleichzeitigen Arbeiten des anderen Kenntnis
erlangt haben könnte. Hier ist also einer der so seltenen Fälle
vorhanden, daß gleichzeitig zwei Schriftsteller auf den gleichen
wichtigen Gedanken kamen, ohne voneinander zu wissen! Die
Mathematik selbst hat also durch das Verhängnis, welches
Feuerbachs Manuskript ungedruckt, seinen Grundriß unbeachtet
bleiben ließ, keine wesentliche Einbuße erlitten, aber die Ge-
schichte der Mathematik wird mehr, als man es bisher an-
nahm, des Namens von Karl Wilhelm Feuerbach eingedenk
sein müssen.
 
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