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Lehmann, Otto:; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 22. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 1 — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37294#0019
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Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle (I. Teil). 19
sich seitlich ein Kristall angesetzt hat (Fig. 22, Tat. II). Der runde
Tropfen ist nichts anderes als ein senkrecht zur Glasfläche
stehender Kristall, an welchen sich rechtwinklig zur Achse, d. h.
in Zwillingsstellung ein zweiter angesetzt hat, ähnlich wie bei
dem mittleren Kristall von Fig. 17, Taf. III.
Übrigens nicht nur fertige flüssige Kristalle werden durch
die Absorptions- und Richtkraft der Glaswand genötigt, sich senk-
recht an diese anzusetzen, es gilt dies vielmehr ebenso von den
einzelnen gelösten Molekülen. Für diese dient die Glaswand
gewissermaßen als Kristallisationskern, sie bedeckt sich nach
Überschreitung des Sättigungspunktes mit einer flüssig-kristalli-
nischen Haut, die mit der Zeit immer dicker wird und an den
Seitenwänden zwischen gekreuzten Nicols als grauer Schimmer
erscheint. Die Absorption der fertigen Kristalle ist wohl im
Grunde nichts anderes als ein Zusammenfließen derselben mit
dieser flüssig-kristallinischen Haut.
Bei Anwendung sehr enger Kapillaren kann man die Bildung
pseudoisotroper Wandschichten, welche zwischen gekreuzten
Nicols hell erscheinen und durch einen dunkeln Streifen in der
Mitte getrennt sind, auch bei Anisalamidoazotoluol und Anisah
paramidozimtsäureester beobachten. Bei letzterem kann man
kleine feste Partikelchen in der pseudoisotropen Masse herum-
schwimmen sehen, ohne daß deren optisches Verhalten dadurch
gestört wird. Durch Zusatz von etwas Bromnaphtalin wird das
Pseudoisotropwerden begünstigt, ähnlich wie fast allgemein bei
Mischung zweier flüssig-kristallinischer Substanzen, obschon sonst
Verunreinigungen stören.Besonders schön gestaltet sich in
den beiden genannten Fällen die Beobachtung des Auftretens der
Pseudoisotropie bei Verwendung einer Linse als Deckglas.
Verwendet man Objektträger aus Glimmer, so sind die Er-
scheinungen in allen Fällen, in welchen nicht reine Substanzen,
sondern Lösungen Anwendung finden, ganz dieselben wie bei
gläsernen Objektträgern. Der oben erwähnte richtende Einfluß
der Glimmermoleküle (S. 12) kommt somit nicht zur Geltung,
vermutlich weil sich der Glimmer sofort durch Absorption mit
einer dünnen Haut isotroper Lösung bedeckt, welche direkten
Kontakt mit seiner Oberfläche hindert.

-2) Weil sie infolge von Adsorption einen Überzug auf dem Glas bilden.
Siehe ferner 0. LEHMANN. Dfg %gMg der Aüf^fuMg, 1911, S. 235.

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