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Wolf, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 37. Abhandlung): Die Entfernung der Sterne: Vortrag — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37304#0007
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Die Entfernung der Sterne.

7

Bewegt sich die Erde um die Sonne herum, dann muß ein
naher Fixstern sich vor einem sehr entfernten im Laufe eines
Jahres hin und her schieben, wenn man nicht die unwahrschein-
liche Annahme machen wollte, daß alle Sterne gleichweit ent-
fernt seien.
Ist der Stern sehr weit von uns entfernt, dann bekommen
wir ganz einfache Verhältnisse (Fig. 1). Die Sehstrahlen nach
dem sehr fernen Stern werden für uns parallel. Es muß sich,
wenn wir, im Jahreslaufe der Erde, von A nach B kommen, der
Stern C vor dem fernen Stern verschieben. Den nahen Stern C
müssen wir, wenn wir nach B kommen, links vor dem fernen
Stern sehen; kommen wir nach einem halben Jahre nach A,
dann müssen wir von dort aus den Stern C rechts von dem
fernen Stern erblicken.
Der Winkel p ist die Parallaxe des Sternes C. Wir erhalten
ihn, wenn wir die beiden Winkel a und h zusammenzählen.
Wir brauchen also nur die Summe der beiden Winkel a und b
zu messen, d. i. wie weit sich der nahe Stern nach rechts und
links vor dem fernen verschiebt, während sich unsere Erde be-
wegt, um die sogenannte Parallaxe p zu kennen. Wäre uns aber
p bekannt, so könnten wir (im Prinzip) auf einem Blatt Papier
den uns bekannten Durchmesser der Erdbahn von 300 Millionen km
in verkleinertem Maßstab antragen, und darüber den Winkel und
erhielten das Dreieck ABC in den richtigen Größenverhältnissen.
Mit einem Zirkel könnten wir darin sofort abstechen, wie weit C
von AB entfernt ist; d. h. wie weit der Stern C von uns ent-
fernt steht.
Wir brauchen also, um zu wiederholen, nur, wenn die Erde
an den beiden Endpunkten des Durchmessers AB angekommen
ist, den kleinen Winkel zu messen, um welchen der Stern C aus
seiner Lage verschoben erscheint, dann kennen wir seine Parall-
axe, und die Entfernung dieses Fixsternes ist uns bekannt; das
Ziel ist erreicht.
Warum hat man zur Zeit des CoPERNicus das nicht aus-
geführt? Es gelang nicht, weil sich die nahen Sterne überhaupt
nicht wahrnehmbar vor den ferneren verschoben. Man konnte
die Verschiebung nicht sehen und nicht messen. Die Meßgenauig-
keit der damaligen Zeit war, wie wir jetzt wissen, viel zu gering.
Der große Däne TVcHO BRAHE entwickelte die Meßgenauigkeit
in ungeahnter Weise. Statt 10 Bogenminuten konnte er sogar
 
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