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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0007
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Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries.

innewohnenden Gesetze übt nun diese nach FRIES in reiner
Spontaneität, mit Hilfe ihrer Instrumente, der apriorischen Er-
kenntnisvermögen Raum, Zeit, Causa!ität und Stetigkeit, ihre
synthetische Tätigkeit aus, ohne daß unser Wille darauf einen
Einfluß hat. Jetzt erst bringt uns der Verstand, der dem
Willen untertan, in seiner analytischen Tätigkeit die durch die
Synthesis der Vernunft erarbeiteten Erkenntnisse zum Bewußt-
sein ; er schafft nicht neue Erkenntnisse, sondern hat nur das
Vermögen der Selbsterkenntnis, sein Wille und seine Reflexion
schafft die Basis für die wissenschaftliche Erkenntnis. Wie
die synthetisch tätige Vernunft KEPPLERS die astronomischen
Beobachtungen zu Ellipsen ordnete, so hat die geniale, analy-
sierende Kraft des NEWTON'schen Verstandes als Ursache dieser
möglichen Ordnung die das Weltall beherrschende Attraktions-
kraft erkannt.
Dies scheint mir der Sinn des FRIES'sehen Kritizismus zu
sein; nach KANT wird die Sinnesempfindung sofort zur Wahr-
nehmung, nach FRIES — und dies ist ja auch die Ansicht von
SCHOPENHAUER und HELMHOLTZ — sind die Sinnesempfin-
dungen nur das Rohmaterial, aus dem wir durch Vernunft- und
Verstandesprozesse Erkenntnis gestalten können, — aber ich
bin als Nichtphilosoph weit davon entfernt, den Anspruch zu
erheben, in dem schon so lange währenden Streite zwischen
den Fachgelehrten ein beachtenswertes Wort für die FmEs'schc
Anschauung in die Wagschale werfen zu wollen. Nur eines
Schlusses möchte ich noch Erwähnung tun, den FRIES aus den
Grundlehren seiner Metaphysik gezogen, und dem ich, ohne für
seine Richtigkeit einzutreten, doch als Mathematiker sympa-
thisch gegenüberstehe. Woher haben die Erzeugnisse der Ver-
nunft objektive Gültigkeit für die Erfahrung? KANT mußte an-
nehmen, daß die synthetischen Vorstellungen unserer Vernunft
nur deshalb auf objektive Gültigkeit Anspruch erheben dürfen,
weil sie die Erfahrung erst bedingen und die Gesetzmäßigkeit
der Gegenstände aus sich erzeugen. Nach der Auffassung von
FRIES dagegen besitzt unsere Erkenntnis unmittelbare Objek-
tivität; die Tätigkeit der erkennenden Vernunft besteht eben in
der Vorstellung vom Dasein eines Gegenstandes, das Erkennen
ist eine Tatsache innerer Erfahrung — und eine solche ist auch
das Verhältnis der Erkenntnis zum Gegenstände, die beide un-
auflöslich miteinander verbunden, nie miteinander zu ver-
 
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