Metadaten

Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0008
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8

LeoKoenigsberger:

gleichen sind. „Ich bleibe", sagt FRIES,,,bei der Selbstbeob-
achtung meines Erkennens, welches sich aus den reinen An-
schauungen und den gedachten Erkenntnissen sowohl
ihren Denkformen nach als nach ihrem metaphysischen Gehalt
zum Bewußtsein der Einheit und Notwendigkeit der ganzen
menschlichen Erkenntnis entwickelt, und in dieser Einheit und
Notwendigkeit die Wahrheit und Festigkeit der Überzeugung in
sich selbst, trägt."
immer und immer wieder spricht er es auch in allen seinen
späteren Schriften klar und deutlich aus, daß die Philosophie
nicht sowohl die Wahrheit seihst zu suchen hat, als vielmehr
die im Innern der Vernunft gegebene philosophische Wahrheit
des Notwendigen, Guten und Schönen an das Licht des Bewußt-
seins hervorzuführen, welches seine Ausbildung erlangt durch
Denken und Reflexion. Und ich glaube in der Tat, es ist dies
der glücklichste Ausweg zwischen Empirismus und Rationalis-
mus; die Frage, oh die Vemunftkritik metaphysisch oder anthro-
pologisch sein solle, ist durch FRIES nicht bloß, wie KuNO
FiscHER es wollte, in die Reihe der „in der Entwicklungs-
geschichte der deutschen Philosophie seit KANT unvermeidlichen
Probleme" verwiesen; FRIES beantwortet auch die von FiscHER
vor 50 Jahren in seiner Prorektoratsrede in Jena gestellte Frage
„wo bleibt aber dabei die Wahrheit?" Während RiEMANN unsere
Auffassung der Welt wahr nennt, wenn der Zusammenhang
unserer Vorstellungen dem Zusammenhänge der Dinge ent-
spricht, beruht die Grundanschauung von FniES auf der Not-
wendigkeit des gleichen Zusammenhanges.
Der Ruhm seines Namens war nun überall begründet, der
Blick der deutschen Philosophen war auf Heidelberg gerichtet;
REINHOLD bezeichnet ihn als einen Meister auf dem Gebiete
gesunder und echter Psychologie; JAKOBI bewirkte seine Auf-
nahme in die Münchener Akademie, und die Berliner ernannte ihn
bald darauf trotz mannigfacher Anfeindungen zu ihrem Mitglied.
Das „System der Logik" erschien im Jahre 1811, und die
Durcharbeitung von KANTS metaphysischen Anfangsgründen der
Naturwissenschaft führte ihn schon damals zu einem vor-
läufigen Entwürfe der Grundzüge für eine Philosophie der
Mathematik und Naturwissenschaft.
Zunächst ging aus seinen in den Jahren 1811 und 1812
gehaltenen Vorlesungen über Astronomie und mathematische
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften