20
LeoKoenigsberger:
Linien und die anderen Elemente gegebenen Raum zu zeigen,
nach welchen Gesetzen aus den einfachen Forderungen der
Zeichnung gerader Linien und Kreise zusammengesetztere
Zeichnungen möglich werden; dagegen scheinen ihm nur dis-
kursiv zu beweisende Wahrheiten, wie Sätze über die Möglich-
keit von Punkt und Ebene im Raume n. a., der EuCLiD'schen
Methode durchaus fern zu liegen.
Er glaubt aber den Axiomen von EucLiD noch ein eigenes
Axiom der Richtung hinzufügen zu müssen, um den Aufbau
der Geometrie lückenlos herzustellen; denn ohne den Regriff
der Bewegung, auf die auch schon EucnD zur Erzeugung der
geraden Liuie sich stützen mußte, hält er eine consequente Ent-
wicklung der Geometrie nicht für möglich. So wie die Grundbe-
griffe der Geometrie, Punkt, Linie, Lage ohne weitere Erklärung als
bekannt vorausgesetzt, und erst auf Grund dieser einfacheren
Merkmale die weiteren Begriffe dem Verstände durch Erklärung
gegeben werden, so soll auch die Richtung aus nichts
anderem erklärt werden können. Unter Voraussetzung des aus
der reinen Anschauung unmittelbar entnommenen Begriffes von
der Eincrleiheit der Richtung unterwirft er diese den Axiomen,
daß zwei gerade Linien durch einen Punkt sowie zwei Ebenen
durch eine gerade Linie jedesmal einen Winkel miteinander
machen, und daß cs aur einen Raum gibt, in welchem alle un-
begrenzten körperlichen Ausdehnungen sich einander decken.
Hierauf sich stützend, unternimmt er nach Definition der Pa-
rallelität den Beweis des elften Grundsatzes — ob aber die Ein-
führung des Begriffes der Richtung und der genannten Axiome
derselben eine größere Einfachheit für einen systematischen
Aufbau der Geometrie als das EucLiD'sche Parallelenpostulat,
selbst bietet, darüber kann man verschieden urteilen. Die von
FniES angcsteilten Überlegungen sind aber jedenfalls tief-
gehender Natur; weisen sie doch einerseits auf die weitere
Entwicklung der Geometrie der Lage hin, andererseits auf eine
nachher zu erörternde Eigenschaft unseres dreidimensionalen
Raumes bezüglich starrer Systeme.
Er sah ebenso wie KANT den EucLin'schen Raum nur als
eine dem Menschen anhaftende Anschauungsnotwendigkeit,
nicht als eine Denknotwendigkeit an — könnte ja jeder Raum
selbst wirklich sein, da wir vom Wesen der Dinge nichts
wissen. Aber er war trotzdem weit davon entfernt, den Ausbau
LeoKoenigsberger:
Linien und die anderen Elemente gegebenen Raum zu zeigen,
nach welchen Gesetzen aus den einfachen Forderungen der
Zeichnung gerader Linien und Kreise zusammengesetztere
Zeichnungen möglich werden; dagegen scheinen ihm nur dis-
kursiv zu beweisende Wahrheiten, wie Sätze über die Möglich-
keit von Punkt und Ebene im Raume n. a., der EuCLiD'schen
Methode durchaus fern zu liegen.
Er glaubt aber den Axiomen von EucLiD noch ein eigenes
Axiom der Richtung hinzufügen zu müssen, um den Aufbau
der Geometrie lückenlos herzustellen; denn ohne den Regriff
der Bewegung, auf die auch schon EucnD zur Erzeugung der
geraden Liuie sich stützen mußte, hält er eine consequente Ent-
wicklung der Geometrie nicht für möglich. So wie die Grundbe-
griffe der Geometrie, Punkt, Linie, Lage ohne weitere Erklärung als
bekannt vorausgesetzt, und erst auf Grund dieser einfacheren
Merkmale die weiteren Begriffe dem Verstände durch Erklärung
gegeben werden, so soll auch die Richtung aus nichts
anderem erklärt werden können. Unter Voraussetzung des aus
der reinen Anschauung unmittelbar entnommenen Begriffes von
der Eincrleiheit der Richtung unterwirft er diese den Axiomen,
daß zwei gerade Linien durch einen Punkt sowie zwei Ebenen
durch eine gerade Linie jedesmal einen Winkel miteinander
machen, und daß cs aur einen Raum gibt, in welchem alle un-
begrenzten körperlichen Ausdehnungen sich einander decken.
Hierauf sich stützend, unternimmt er nach Definition der Pa-
rallelität den Beweis des elften Grundsatzes — ob aber die Ein-
führung des Begriffes der Richtung und der genannten Axiome
derselben eine größere Einfachheit für einen systematischen
Aufbau der Geometrie als das EucLiD'sche Parallelenpostulat,
selbst bietet, darüber kann man verschieden urteilen. Die von
FniES angcsteilten Überlegungen sind aber jedenfalls tief-
gehender Natur; weisen sie doch einerseits auf die weitere
Entwicklung der Geometrie der Lage hin, andererseits auf eine
nachher zu erörternde Eigenschaft unseres dreidimensionalen
Raumes bezüglich starrer Systeme.
Er sah ebenso wie KANT den EucLin'schen Raum nur als
eine dem Menschen anhaftende Anschauungsnotwendigkeit,
nicht als eine Denknotwendigkeit an — könnte ja jeder Raum
selbst wirklich sein, da wir vom Wesen der Dinge nichts
wissen. Aber er war trotzdem weit davon entfernt, den Ausbau