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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0026
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LeoKfenigsberger:

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Die Anerkennung, welche FRIES bereits seit zwei Jahr-
zehnten bei alten Philosophen seiner Zeit genoß, denen es ernst
war mit einer Vertiefung exakter philosophischer Forschung,
war durch seine mathematische Naturphilosophie und das im
Jahre 1823 erschienene ,,System der Metaphysik" noch allge-
meiner geworden — aber immer noch mußte man bei dem
erneuten Aufblühen des METTERNiCH'schen Systems zum Be-
dauern KARL AUGUSTS die Hoffnung aufgeben, ihn in den Kreis
der Universitätsdozenten der Philosophie wieder eintreten zu
sehen. Auch die Übernahme einer Professur der Astronomie
schlug fehl; „hier wäre ich GOETHES Subaltern geworden, und
dieser wollte mich optischen Ketzer nicht so in seiner Nähe
haben". Da hot sich zu Anfang 1824 durch den Abgang des
Mathematikers VoiGT eine Gelegenheit, FRIES als akademischen
Lehrer zu rehabilitieren. Es wurde ihm gestattet, die Vorlesung
über Experimentalphysik und Analysis infinitorum zu über-
nehmen, aus denen im Jahre 1826 der erste Teil seines Lehr-
buches der Naturlehre hervorging, welches sich wieder wesent-
lich mit mathematischer Physik und Philosophie der Mathematik
beschäftigte — bewegte sich doch von jeher hauptsächlich auf
diesen Gebieten sein philosophisches Denken. „Nur wer mathe-
matische und physikalische Kenntnisse besitzt, kann zu einem
wirklich scharfen und gesunden philosophischen Urteil ge-
langen", waren die Worte, welche den richtigen Weg zum philo-
sophischen Studium seinem 17jährigen Schüler ERNST FRIED-
RICH APELT zeigen sollten, der wenigh Jahre später als einer
der hervorragendsten Vertreter der KANT-FRiEs'schen Philosophie
den Jenenser Lehrstuhl zierte.
Als KARL AUGUST im November 1827 entschied, daß FniES
wieder in die philosophische Fakultät und den akademischen
Senat mit allen dadurch bedingten Rechten und Obliegenheiten
einzusetzen sei, durften trotzdem seine Vorlesungen über Philo-
sophie zunächst noch nicht im Lektionsverzeichnis angekündigt
werden, und erst 1837 wurde der schwergeprüfte Mann durch
den Großherzog KARL FRIEDRICH, den Sohn KARL AUGUSTS, von
dem jahrelangen Banne befreit.
Wie schon früher, machte er auch jetzt seinen Zuhörern
das Studium der Philosophie nicht leicht und bequem; „sie
wollten es ihm nicht glauben, daß mit dem strengen und
irockenen Kritizismus von 1\ANT sehr wohl eine lebendige Welt-
 
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