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Lenard, Philipp; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Kinetische Theorie der positiven Strahlen — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37345#0006
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6 (A. 4)

P. Lenard:

müssen danach die Durchquerungen bei den Kanalstrahlmolekülen
weit seltener sein, als bei den schnelleren x-Strahlatomen, was
auch ganz der geringeren Geschwindigkeit der Kanalstrahlmoleküle
entspricht. Wir bezeichnen deshalb diese Durchquerungen bei
den Kanalstrahlen als streifend und nehmen an, daß Durch-
querung dann stattfindet, wenn die beiden Molekülzentren, des
Kanalstrahlmoleküls und des Gasmoleküls, außerhalb eines ge-
wissen Minimalabstandes s' bleiben. Innerhalb dieses Abstandes
trete Reflexion ein. Der Abstand s' ist kleiner als die gewöhn-
liche, für langsame Bewegungen (kalte Gase) geltende Radien-
summe s der beiden Moleküle. Hier befinden wir uns in voll-
kommener Übereinstimmung mit der an der inneren Reibung der
Gase gesammelten Erfahrung, wonach bei höherer Temperatur
(Molekulargeschwindigkeit) eine kleinere Radiensumme der Mole-
küle in Betracht kommt, derart, daß der für Reflexion der Mole-
küle aneinander in Betracht kommende Molekülquerschnitt mit
steigender Relativgeschwindigkeit der Moleküle sinkt. Der extreme
Fall hierbei ist der der genügend schnellen ex-Strahlen, wobei der
reflektierende Molekülquerschnitt zu Kuli herabgesunken ist. Die
Kanalstrahlen bilden danach einen Übergang von den schnellen
<x-Strahlen zu den Molekülen der heißen Gase. Es sind bei letz-
teren (aus jenen Resultaten der inneren Reibungsmessungen)
ebenfalls streifende Durchquerungen zu denken, jedoch nur in
sehr geringem Maße (die Radiensumme ist nach den Reibungs-
messungen bei hoher Temperatur nur wenig kleiner als bei gewöhn-
licher Temperatur); auch hier aber haben bereits die streifenden
Durchquerungen den Effekt der Elektronenbefreiung, insofern heiße
Gase (durch zeitweilig freie Elektronen) elektrisch leitend sind.
Wir haben danach für die Zerstreuung (Absorption) der Kanal-
strahlen die Radiensumme s', für den unbeeinflußten Durchgang
die Radiensumme s in Rechnung zu setzen. Zwischen beiden
Radiensummen s and s' findet die Wiederaufladung stattW. Wir
bezeichnen
s —
<3 -
r
als den Durchquerungskoeffizienten, wobei r den Radius des
Kanalstrahlmoleküls bedeutet, c liegt zwischen Null (kalte Gase;
14) s könnte folgerichtig als diejenige Radiensumme eingesetzt werden,
weiche nach den Reibungsmessungen zu jener Temperatur gehört, über
welcher Leitfähigkeit des Gases beginnt.
 
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