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Trautz, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1914, 1. Abhandlung): Die Einwirkung von Stickoxyd auf Chlor, 1 — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.37409#0030
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22 (A.1)

Max Trautz:

bekannt sind. Ein ausgedehntes Gebiet neuer und in manchen
ihrer Eigenschaften ungewöhnlicher Stoffe harrt also hier noch
der Erforschung. Dabei werden nach dem Gesagten die Darstel-
lungsmethoden und die Wege zu Identifizierung und Ana-
lyse andere sein müssen, als die bisher meist üblichen. So
zeigt hier die genannte Theorie besonders eindringlich, wie sehr das
Gebiet der bis jetzt bekannten Stoffe eine Auswahl umfaßt, die
dem gesetzmäßigen Ausweichen der Forschung vor gewissen
Schwierigkeiten, der Wahl des leichtesten Wegs und damit, wie
man zu sagen pflegt, zufälligen Umständen ihre Begrenzung ver-
dankt, deren tiefste Ursache in dem derzeitigen Stand der ^Er-
weiterung unserer Sinnezu suchen ist. Daher wird man auch
dem Wort LE CnATELiERS, daß die Anzahl der jetzt bekannten
chemischen Stoffe nachgerade hinreichend erscheine, in dieser all-
gemeinen Form nicht beipflichten können.
Dafür, daß in der Tat solche Verbindungen, wie sie eben ge-
schildert wurden, noch kaum bekannt sind, findet man eine Be-
stätigung in allen Tabellen von Wärmetönungen, die bei Gas-
reaktionen gemessen wurden. Schwach endotherm aus gasförmigen
Komponenten entstehende Gase sucht man fast vergeblich. Und
doch wird niemand erwarten, daß hier in der Natur wirklich eine
Lücke besteht. Die Dinge in der Lücke zu sehen, fällt uns eben
schwerer.
Welche Wichtigkeit gerade solchen Verbindungen zukommt,
erkennt man am leichtesten bei Beachtung des Konkurrenzprin-
zips in der chemischen Kinetik. Die genannten Verbindungen
sind alle durch große Reaktionsgeschwindigkeit ausgezeichnet.
In einer Reihe gleichzeitiger Reaktionen aber dominiert die
schnellste. Umlenken einer Reaktion auf einen gewünschten Weg
durch einen ,,Katalysator" gelingt nur, wenn dieser den Weg ebnet
dadurch, daß er zur Entstehung solcher schnell reagierender Stoffe
Anlaß gibt. Der schnell reagierende Stoff muß schnell entstehen
und schnell weiterreagieren, muß also instabil sein, kurzlebig,
kaum oder gar nicht nachweisbar, das Gegenteil eines stabilen,
i. allg. auch das Gegenteil eines explosiven Stoffs. Denn die beiden
letztgenannten Gruppen von Stoffen haben große Bildungs- oder
Zersetzungswärmen.
So hat die spezielle Frage nach den Ursachen für die Störungen
der Dampfdichte von Nitrosylchlorid zu Fragen von sehr all-
gemeiner Wichtigkeit geführt. Es wird sich zeigen, daß beide noch
enger Zusammenhängen, als einstweilen zu sehen war.
 
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