Zur Erinnerung an Harry Rosenbusch.
(A. 8) 21
petrographischen Mitteilungen 1892 erschienenen Aufsatz ,,Über
Struktur und Klassifikation der Eruptivgesteine" wird im Neuen
Jahrbuch für Mineralogie usw. mit einem Referat von zwei (!)
Zeilen erledigt, während die MicHEL-LEVYsche Arbeit in der
gleichen Zeitschrift ausführlich besprochen worden war. Der
erste Band der dritten Auflage der Physiographie wird in elf (!)
Zeilen, der zweite Band überhaupt nicht (!) im Neuen Jahrbuch
referiert, und dabei war doch diese Neuauflage auf 1360 Seiten
gegenüber 877 der vorigen Auflage gestiegen. Das gleiche Schicksal
begegnete seinen Elementen der Gesteinslehre in der ersten 1898
und der zweiten 1901 nur zweieinhalb Jahre später erscheinenden
Auflage. Erst in der dritten Auflage 1910 erfährt dieses Werk,
wie auch in der vierten Auflage die Physiographie, eine eingehende
Würdigung. Darf man es RosENBuscH bei diesem Verhalten der Fach-
genossen, das schon früher einsetzte und in seinem ,,Verunkennen"
im Neuen Jahrbuch nur einen nachträglichen Ausdruck fand, ver-
argen, wenn er bei seiner doch wohl zum cholerischen Tempera-
ment hinneigenden Natur dem Groll gegen seine Widersacher von
Zeit zu Zeit in jenen Schriften Ausdruck gab, in denen er über die
Verteidigung seiner Lehre hinausging und scharfe Angriffe gegen
seine Gegner richtete?! Auf die Dauer gelang es ihm so wenig
wie jedem andern kräftig empfindenden Menschen, seine Natur
immer zu bemeistern, wenn er auch im äußeren Umgang kaum je
etwas davon merken ließ und hier in seiner vornehmen Reserve
den Typus eines in sich abgeschlossenen Gelehrten darstellte.
In weiser Selbstbeschränkung widmete er sich seiner Wissen-
schaft und lebte, den Geheimnissen der Erdrinde nachforschend,
mit seiner wahrhaft universellen literarischen Bildung weit über
dem irdischen Getriebe. Frei von Eitelkeit und Hochmut hielt
ihn ein wohlberechtigter Stolz fern von den Kongressen der Fach-
genossen oder überhaupt von irgendwelchen Veranstaltungen, die
auch nur andeutungsweise etwas mit Reklame zu tun haben konn-
ten. Er sah doch wohl zu deutlich, daß bei manchen Kongreß-
besuchern die eigene Persönlichkeit etwas stark betont zu werden
pflegt. Und da ihm sein schweres norddeutsches Blut nun einmal
nicht gestattete, solchen kleinen Auswüchsen mit dem erforder-
lichen Humor zu begegnen, blieb er den Versammlungen lieber
fern. RosENBUscn wußte genau, wie wenig doch eigentlich der
wahre Gelehrte auf das Forum der Öffentlichkeit gehört, wenn
anders er seine Wissenschaft wahrhaft fördern will.
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petrographischen Mitteilungen 1892 erschienenen Aufsatz ,,Über
Struktur und Klassifikation der Eruptivgesteine" wird im Neuen
Jahrbuch für Mineralogie usw. mit einem Referat von zwei (!)
Zeilen erledigt, während die MicHEL-LEVYsche Arbeit in der
gleichen Zeitschrift ausführlich besprochen worden war. Der
erste Band der dritten Auflage der Physiographie wird in elf (!)
Zeilen, der zweite Band überhaupt nicht (!) im Neuen Jahrbuch
referiert, und dabei war doch diese Neuauflage auf 1360 Seiten
gegenüber 877 der vorigen Auflage gestiegen. Das gleiche Schicksal
begegnete seinen Elementen der Gesteinslehre in der ersten 1898
und der zweiten 1901 nur zweieinhalb Jahre später erscheinenden
Auflage. Erst in der dritten Auflage 1910 erfährt dieses Werk,
wie auch in der vierten Auflage die Physiographie, eine eingehende
Würdigung. Darf man es RosENBuscH bei diesem Verhalten der Fach-
genossen, das schon früher einsetzte und in seinem ,,Verunkennen"
im Neuen Jahrbuch nur einen nachträglichen Ausdruck fand, ver-
argen, wenn er bei seiner doch wohl zum cholerischen Tempera-
ment hinneigenden Natur dem Groll gegen seine Widersacher von
Zeit zu Zeit in jenen Schriften Ausdruck gab, in denen er über die
Verteidigung seiner Lehre hinausging und scharfe Angriffe gegen
seine Gegner richtete?! Auf die Dauer gelang es ihm so wenig
wie jedem andern kräftig empfindenden Menschen, seine Natur
immer zu bemeistern, wenn er auch im äußeren Umgang kaum je
etwas davon merken ließ und hier in seiner vornehmen Reserve
den Typus eines in sich abgeschlossenen Gelehrten darstellte.
In weiser Selbstbeschränkung widmete er sich seiner Wissen-
schaft und lebte, den Geheimnissen der Erdrinde nachforschend,
mit seiner wahrhaft universellen literarischen Bildung weit über
dem irdischen Getriebe. Frei von Eitelkeit und Hochmut hielt
ihn ein wohlberechtigter Stolz fern von den Kongressen der Fach-
genossen oder überhaupt von irgendwelchen Veranstaltungen, die
auch nur andeutungsweise etwas mit Reklame zu tun haben konn-
ten. Er sah doch wohl zu deutlich, daß bei manchen Kongreß-
besuchern die eigene Persönlichkeit etwas stark betont zu werden
pflegt. Und da ihm sein schweres norddeutsches Blut nun einmal
nicht gestattete, solchen kleinen Auswüchsen mit dem erforder-
lichen Humor zu begegnen, blieb er den Versammlungen lieber
fern. RosENBUscn wußte genau, wie wenig doch eigentlich der
wahre Gelehrte auf das Forum der Öffentlichkeit gehört, wenn
anders er seine Wissenschaft wahrhaft fördern will.