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Bopp, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1920, 14. Abhandlung): Moritz Cantor: Gedächtnisrede, gehalten im Mathematischen Verein zu Heidelberg am 19. Juni 1920 — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.36522#0009
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Moritz Cantor*j*

(A. 14) 9

von Geometrie in die wissenschaftliche Barbarei des frühesten
Mittelalters sich hinüberretten konnte, das ist das unschuldige
Verdienst der römischen Feldmesser." CANTOR erforschte in seinem
Buche besonders den aus dem VI. oder VII. Jahrhundert stam-
menden Codex Arcerianus der Wolfenbüttler Bibliothek und
das aus dem XII. Jahrhundert herrührende Exemplar von
GERBERTs Geometrie des Benediktinerstil'ts von St. Peter in
Salzburg. Als alter Mann erinnerte er sich noch gern des ihm mit
der Hergabe dieser kostbaren Handschrift geschenkten Ver-
trauens. Noch in anderer Beziehung ist das Jahr 1875 bemerkens-
wert in CANTORS wissenschaftlicher Tätigkeit : Von da an arbeitete
er mit an v. Liliencrons Allgemeiner deutscher Biogra-
phie, worin er hunderte von ausgezeichneten Mathematiker-
biographien bestritt und damit sein Teil beitrug zu ungefähr
40 Bänden dieses großartigen Monumentes deutschen Fleißes und
wissenschaftlichen deutschen Selbstgefühls und Wertbewußtseins.
Vom W. S. 1875 an nahm CANTOR regelmäßig den drei-
semestrigen Lehrvortrag auf über Geschichte der Mathematik, den
er bis 1889, wo ihm P. TREUTLEiN in seinem Vortrag auf der
62. Naturforscherversammlung so rührend dankte, ,,daß er einzig
an einer deutschen Hochschule die reichen Schätze historischen
Werdens den Studierenden darbiete'', siebenmal durchführte. Das
Ende der 70er Jahre bringt noch die Arbeiten: Gr ae c o - in d i s c h e
Studien im 22. Bande der Xeitschr. für Mathem. und Physik,
die auch in den Rendiconti des Lombardischen Instituts
tom. IX in Schiaparellis italienischer Übersetzung er-
schienen; den in der Sammlung von ViRCHOwund v. IIoLTZEx-
DORFF herausgekommenen Vortrag ,,das Gesetz im ZufaH"
und eine dritte Arbeit zur Galileiforschung in der Zeit-
schrift ,,Die Gegenwart". Außerdem war CANTOR eifriger Alit-
arbeiter an der Jenaer Literaturzeitung, Beilage zur
Münchner allgemeinen Zeitung, Literarischem Zentral-
blatt und Nationalzeitung.
Die Erstarkung der geschichtlichen Disziplin durch CANTORs
Wirken erkennen wir in dem Novum des Erscheinens der ^Ab-
handlungen zur Geschichte der Mathematik, von wel-
chen bis 1880 die drei ersten Hefte Vorlagen. Das
Jahr 1878 brachte in Westermanns Monatsheften eine
Studie über Leonardo da Vinci, 1879 die Vorrede zu Menz-
zers Übersetzung der Revolutionen des Koppernikus.
 
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