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Deecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1923, 1. Abhandlung): Mitteleuropäische Meeresströmungen der Vorzeit — Berlin, Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43565#0017
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Mitteleuropäische Meeresströmungen der Vorzeit.

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breitung der Pseudomonotis echinata, welche im englischen Unteroolith
beginnt, im süddeutschen Hauptoolith bankweise erscheint, dann im
oberen Dogger (Odermündungen) und Callovien der baltischen Straße
ein wichtiges Leitfossil wird, bei Popiläni vorhanden ist und schließlich
sogar die östlich von Spitzbergen gelegenen Inseln Karlsvorland er-
reicht. Es ließe sich zwanglos an eine Wanderung längs der Süd- und
Ostseite der skandinavisch-finnischen Masse bis ins Nordmeer denken,
begünstigt durch die so laufende Drift. Keine dieser Formen verbreitet
sich im Moskauer Becken, wo auch unsere typische Pterocörien-Fauna
absolut fehlt. Lag dies etwa an einer von Norden kommenden Gegen-
strömung innerhalb dieses Beckens, welche ein Aussäen von Keimen in
das Innere verhinderte, oder an kälteremWasser ? Die baltische Straße muß
im Malm den während des Dogger scharf ausgeprägten Kreisstrom zeit-
weilig nach Osten abgebogen haben, um so mehr, als sich erstens im
schwäbisch-bayrischen Gebiet die Riffbarre entfaltete und zweitens
schließlich die Maingegend aufwölbte und über Wasser stieg.
Soweit in der Wealdenzeit die baltische Rinne erhalten blieb, diente
sie sicher den Flußwässern des Nordkontinents, einschließlich Skandina-
viens zum Ablauf und zwar nach Westen, wurde dabei zugeschüttet und
in einen Deltasumpf oder in ein Marschland umgewandelt, ähnlich den
Flächen vor der heutigen Elbmündung, nur ausgedehnter. Die Fluß-
schlickmassen vereinigten sich dort mit den Anspülungen von Meeres-
drift und Gezeitenströmungen, so daß die innigen Beziehungen von
dunklen Tonlagen und hellen Sandsteinen der Dünen und Sandschaarzone
leicht verständlich werden. Im Alpengebiet und in Südeuropa stellt
sich im allgemeinen der Zustand des obertriadischen Tethys-Meeres
wieder her mit einer glatt durchziehenden, nach Norden durch Land be-
grenzten tieferen See. Als sich die Pforte zwischen Morvan und Vogesen
im Neocom wieder auftat, blieb dort, nach den Sedimenten zu urteilen,
eine Untiefe bestehen. Der Hauptwasserstrom lief ungestört im Mittel-
meergebiet über Südfrankreich und Südspanien nach Westen weiter und
bog wohl erst im Atlantik nach Norden um, so daß er nördlich von Schott-
land in das neu belebte norddeutsch-französisch-englische Becken ein-
drang und darin gleichsam gefangen war. Wir haben deshalb dort
abermals ein ausgesprochenes Vorherrschen der dunklen tonigen Sedi-
mente und eine Fauna, welche zwar mit der alpin-mediterranen Ähn-
lichkeit, aber wenig wirklich gleiche Arten gemeinsam hat. Darauf
hat v. Koenen bei der Bearbeitung der norddeutschen reichen Unter-
kreid eammoniten zuerst hingewiesen; denn er fand nur vikariierende,
nicht identische Spezies unter den Crioceren, Ancyloceraten und Des-
 
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