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Nissl, Franz [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1911, 38. Abhandlung): Zur Lehre der Lokalisation in der Großhirnrinde des Kaninchens, 1: Völlige Isolierung der Hirnrinde beim neugeborenen Tiere — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37471#0060
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Franz Nissl:

der herdförmige Zellausfall in Schicht VI zutage. Diese herd-
förmigen Ausfälle teils in der fast intakten, zum Teil aber recht
gelichteten Schicht VI erstrecken sich über die ganze Konvexitäts-
rinde und tragen durchweg den Charakter der auf Fig. 38 dar-
gestellten Zellausfälle. Sie beginnen ungefähr in der Höhe der
Ebene von Tafel V und sind bis zu den hintersten Ebenen überall
zu konstatieren. In den hinteren Ebenen, in denen die Zellaus-
fälle ohnedies schon erheblich sind, treten sie natürlich nicht so
deutlich zutage.
Das Bild erinnert lebhaft an die Präparate von menschlicher
Arteriosklerose, wo wir in ganz analoger Weise solche herd-
förmige Zellausfälle beobachten. In diesen Fällen läßt sich aber
stets die Abhängigkeit solcher herdförmiger Ausfälle von stark
veränderten Gefäßen nachweisen. Einen derartigen Zusammenhang
habe ich aber hier nicht auffinden können.
Es liegt mir selbstverständlich ferne, lediglich auf Grund eines
einzigen Versuchsergebnisses irgendwelche Schlußfolgerungen zu
ziehen. Bei dem absoluten Fehlen des Ammonshorns, sowie der
ganzen regio retrosplenialis einerseits, andererseits unter Berück-
sichtigung der geschilderten herdförmigen Ausfälle bei dem gleich-
zeitigen Vorhandensein aller übrigen Veränderungen, lag der Ge-
danke nahe, so abenteuerlich er auch zunächst klingt, den Befund
auf das Fehlen des Ammonshorns zurückzuführen. Ich habe
daher den Versuch zu wiederholen versucht; es ist mir aber
bisher nicht wieder gelungen, das Ammonshorn ohne erhebliche
Verletzung der Binde ganz oder doch zum größten Teile zum
Verschwinden zu bringen. Ich kenne also die Ursache dieses
merkwürdigen Befundes nicht, aber er beweist, daß die Verhält-
nisse in der Rinde sehr kompliziert sind, komplizierter als wir
es ahnen.
Es liegt nahe, die Frage aufzuwerfen, wie sich die übrigen
Teile des Zentralorgans bei der völligen Isolierung der Binde
verhalten. Allerdings interessieren uns hier nur diejenigen Teile,
die v. MONAKOW als Großhirnanteilebezeichnet. Als direkte
Großhirnanteile werden, abgesehen von den Thalamuskernen der
Luy'sche Körper, die substantia nigra, Teile des vorderen Vier-
hügels und das Brückengrau genannt. Auf Grund unserer Experi-
mente, wo stets das Zwischenhirn bald mehr, bald weniger direkt

32) v. MONAKOW, 2. Auflage, Seite 191 u. 192.
 
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