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Leber, Theodor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1914, 3. Abhandlung): Über die Beteiligung der Chemotaxis bei pathologischen Vorgängen: Vortrag ... — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.34092#0004
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4(B. 3)

Th. Leber:

Substanzen schädigen und zerstören, hat hier zu einer richtigeren
Auffassung der Verhältnisse geführt und zwischen den einander
entgegengesetzten Anschauungen vermittelt. Es wurde jetzt klar,
daß ein Teil der bei der Krankheit auftretenden Vorgänge dem
Körper fremd und auf Lebensäußerungen der parasitären Ein-
dringlinge zurückzuführen ist, während ein anderer Teil auf der
dadurch hervorgerufenen Betätigung der Vorrichtungen und Kräfte
des Organismus beruht, welche den ersteren entgegenwirken. Die
Auffassung der Krankheit als eines Kampfes zwischen der Wir-
kung der Mikroorganismen und den Schutzkräften des Körpers
gewann nun eine bestimmte, wissenschaftlich erforschbare Gestalt
und ist heutzutage eine ganz geläufige geworden. Man hat ein-
gesehen, daß zur Abwehr der zahllosen unsichtbaren Feinde und
zur Beseitigung der durch sie bewirkten Schädigungen dem Körper
Einrichtungen und Vorgänge zu Gebote stehen müssen, ohne welche
er denselben notwendig erliegen müßte.
Aber noch mehr: man hat auch Mittel und Wege gefunden,
um den Körper in diesem Kampfe zu unterstützen, seine natür-
lichen Schutzkräfte zu steigern und zur Gewinnung von Heil-
mitteln zur Verhütung und zur Abwehr der Krankheit zu verwerten.
Daß die eitrige Entzündung, welche zu gewissen Verletzungen
hinzutritt, ein zweckmäßiger Vorgang ist, durch welchen das be-
troffene Organ sich der Wirkung der in ihn eingedrungenen Mikro-
organismen erwehrt, wurde mir zuerst klar bei der Untersuchung
der Frage, ob nicht nur Spaltpilze, von denen gewisse Arten die
hauptsächlichsten Erreger der eitrigen Entzündung sind, sondern
auch Arten der verhältnismäßig viel höher stehenden Schimmel-
pilze in den lebenden Geweben des menschlichen und tierischen
Körpers wachsen und entzündungerregend wirken können. Ich
wurde auf diese Untersuchung, jetzt vor 35 Jahren, hingewiesen
durch einen Krankheitsfall, bei welchem es durch eine Verletzung
der durchsichtigen Hornhaut des Auges bei Arbeiten mit Getreide
zur Entstehung einer stets fortschreitenden eitrigen Entzündung
kam, die zum Verluste des Auges führte. Hier fanden sich in der
Hornhaut Elemente eines Pilzes, der bei der Reinzüchtung sich als
eine Aspergillusart, als ein Schimmelpilz, erwies. Bei Versuchen an
Tieren, die mit allen nötigen Kautelen gegen Verunreinigung mit
Spaltpilzen angestellt wurden, ergab sich nun in der Tat, daß
dieser Pilz, der Aspergillus fumigatus, bei Einführung von Konidien
desselben in eine kleine Wunde der Hornhaut, sich darin rapid
 
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