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Leber, Theodor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1914, 3. Abhandlung): Über die Beteiligung der Chemotaxis bei pathologischen Vorgängen: Vortrag ... — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.34092#0005
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Chemotaxis bei pathologischen Vorgängen. (B. 3) 5
entwickelte, das Gewebe rasch durchwucherte, und daß das Auge
darauf mit eitriger Entzündung reagierte.
Lebende Gewebe des Körpers können also unter Umständen
auch verschimmeln, und daß dies nur ausnahmsweise geschieht,
kommt, wie RoB. Kocn gezeigt hat, hauptsächlich daher, daß
dem am meisten verbreiteten Schimmelpilz, dem Penicillium glau-
cum, die Körpertemperatur zu hoch ist, so daß diese allein schon
als Schutzvorrichtung wirkt.
Bei Untersuchung der Vorgänge der eitrigen Entzündung
erweist sich die Hornhaut des Auges als besonders geeignetes
Organ, weil ihre Durchsichtigkeit die eintretenden Veränderungen
sehr leicht erkennen läßt, und weil sie nur am Rande mit Blut-
gefäßen versehen ist, was zur Folge hat, daß die von diesen aus-
gehenden Vorgänge der entzündlichen Reaktion von den Ver-
änderungen, welche direkt durch die Pilzinvasion bewirkt werden,
räumlich getrennt sind und gesondert beobachtet werden können.
Die Aspergillusentzündung bietet außerdem den Vorteil, daß die
Pilze verhältnismäßig groß und am mikroskopischen Präparat
leicht sichtbar sind, so daß man ihre Verbreitung über das betrof-
fene Organ hin sicher beurteilen kann, während Spaltpilze sich
leicht der mikroskopischen Wahrnehmung entziehen, so daß man
ihre Anwesenheit an einer Stelle, an welcher ihr Nachweis nicht
gelungen ist, nicht immer bestimmt ausschließen kann. Bei den
durch andere Mikroorganismen erzeugten eitrigen Entzündungen
sind aber die Vorgänge im wesentlichen derselben Art. Es kann
überhaupt kein Zweifel sein, daß auch bei allen möglichen son-
stigen Krankheitsvorgängen Einrichtungen in Wirksamkeit treten,
welche auf die Beseitigung der Störung hin gerichtet sind. Die
betreffenden Vorgänge sind zweckmäßig, aber völlig unbewußt,
ein Ausfluß der eigentümlichen Organisation des Kör-
pers, der teleologischen Mechanik desselben, wie PFLÜGER
sich ausdrückt, vermöge deren jeder Eingriff in die In-
tegrität des Organismus Kräfte zur Wirkung bringt,
welche die Erhaltung oder Wiederherstellung derselben
anstreben.
Die Schutz- und Abwehrvorrichtungen des Kör-
pers sind aber, entsprechend der Mannigfaltigkeit der diesem
drohenden Schädigungen, von der all er verschied ernsten Art.
Es handelt sich dabei auch keineswegs ausschließlich um Abwehr
von Mikroorganismen. Es wird dies ohne weiteres klar, wenn wir
 
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