10 (B. 3)
Th. Leber:
verwendbaren Kaltblüter, dem Frosch, sondern auch an durch-
sichtigen zarten Organen von Säugetieren.
Auch auf anderem Wege läßt sich die Identität von Eiter-
körperchen und Leukocyten leicht demonstrieren. Die Leukocyten
haben die Eigenschaft, daß sie in das Blut oder in die Körper-
gewebe eingeführte feinkörnige Substanzen vermöge ihrer amö-
boiden Bewegungen ungemein rasch in ihre Leibesmasse aufneh-
men. Dies gibt ein Mittel ab, um sie nach der Auswanderung
wieder zu erkennen. Spritzt man einem Frosch etwas von einer
Zinnobersuspension in das Blut oder in die Lymphsäcke ein, so
wird sehr bald sämtlicher Zinnober von den Leukocyten aufge-
nommen, so daß man durchaus keine freien Körnchen mehr findet.
Ruft man nun bei einem so vorbereiteten Tier eine eitrige Ent-
zündung in einem Organ hervor, in welches sicher keine freien
Zinnoberkörnchen aus dem Blute gelangen können, z. B. in der
Hornhaut des Auges, welche nur am Rande mit Blutgefäßen ver-
sehen ist, so findet man einen großen Teil der Eiterkörperchen mit
Zinnober beladen, zum Beweis dafür, daß sie aus den Blutgefäßen
an den Ort der Entzündung gelangt sein müssen.
Durch diese Eigenschaft, fein verteilte fremde Sub-
stanzen in ihr Inneres aufzunehmen und abzuführen, werden
die Leukocyten zu wichtigen Organen für die Reinhal-
tung des Körpers von fremden Eindringlingen. Man be-
zeichnet den Vorgang als Phagocytose, und die mit dieser Eigen-
schaft begabten Zellen als Freßzellen oder Phagocyten. Die
Phagocytose gehört also zu den chemotaktischen Vorgän-
gen. Ihre Wichtigkeit beruht darauf, daß nicht nur harmlose,
ziemlich indifferente Substanzen, wie der zu den erwähnten Ver-
suchen benützte Zinnober, sondern auch im Körper zur Ent-
wickelung gekommene schädliche Mikroorganismen, die
gleichfalls in Gestalt feiner Körnchen auftreten, von den Leu-
kocyten a u f g e n o m m e n und unschädlich g e m a c h t w e r -
den. Sie können Im Inneren der letzteren absterben und werden
durch ein darin enthaltenes Ferment, dessen Wirkung dem der
Verdauungsfermente ähnlich ist, zur Lösung gebracht; oder die
mit Mikrobien beladenen Zellen gelangen wieder in die Blutgefäße
und werden durch das Blut in Organe transportiert, insbesondere
in die Leber, in welchen sie der Vernichtung anheimfallen.
Doch ist diese Wirksamkeit der Leukocyten keines-
wegs souverain. Nicht alle Arten von Mikroorganismen werden
Th. Leber:
verwendbaren Kaltblüter, dem Frosch, sondern auch an durch-
sichtigen zarten Organen von Säugetieren.
Auch auf anderem Wege läßt sich die Identität von Eiter-
körperchen und Leukocyten leicht demonstrieren. Die Leukocyten
haben die Eigenschaft, daß sie in das Blut oder in die Körper-
gewebe eingeführte feinkörnige Substanzen vermöge ihrer amö-
boiden Bewegungen ungemein rasch in ihre Leibesmasse aufneh-
men. Dies gibt ein Mittel ab, um sie nach der Auswanderung
wieder zu erkennen. Spritzt man einem Frosch etwas von einer
Zinnobersuspension in das Blut oder in die Lymphsäcke ein, so
wird sehr bald sämtlicher Zinnober von den Leukocyten aufge-
nommen, so daß man durchaus keine freien Körnchen mehr findet.
Ruft man nun bei einem so vorbereiteten Tier eine eitrige Ent-
zündung in einem Organ hervor, in welches sicher keine freien
Zinnoberkörnchen aus dem Blute gelangen können, z. B. in der
Hornhaut des Auges, welche nur am Rande mit Blutgefäßen ver-
sehen ist, so findet man einen großen Teil der Eiterkörperchen mit
Zinnober beladen, zum Beweis dafür, daß sie aus den Blutgefäßen
an den Ort der Entzündung gelangt sein müssen.
Durch diese Eigenschaft, fein verteilte fremde Sub-
stanzen in ihr Inneres aufzunehmen und abzuführen, werden
die Leukocyten zu wichtigen Organen für die Reinhal-
tung des Körpers von fremden Eindringlingen. Man be-
zeichnet den Vorgang als Phagocytose, und die mit dieser Eigen-
schaft begabten Zellen als Freßzellen oder Phagocyten. Die
Phagocytose gehört also zu den chemotaktischen Vorgän-
gen. Ihre Wichtigkeit beruht darauf, daß nicht nur harmlose,
ziemlich indifferente Substanzen, wie der zu den erwähnten Ver-
suchen benützte Zinnober, sondern auch im Körper zur Ent-
wickelung gekommene schädliche Mikroorganismen, die
gleichfalls in Gestalt feiner Körnchen auftreten, von den Leu-
kocyten a u f g e n o m m e n und unschädlich g e m a c h t w e r -
den. Sie können Im Inneren der letzteren absterben und werden
durch ein darin enthaltenes Ferment, dessen Wirkung dem der
Verdauungsfermente ähnlich ist, zur Lösung gebracht; oder die
mit Mikrobien beladenen Zellen gelangen wieder in die Blutgefäße
und werden durch das Blut in Organe transportiert, insbesondere
in die Leber, in welchen sie der Vernichtung anheimfallen.
Doch ist diese Wirksamkeit der Leukocyten keines-
wegs souverain. Nicht alle Arten von Mikroorganismen werden