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Lauterborn, Robert; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1916, 6. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms: I. Teil — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34601#0004
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4(B. 6)

ROBERT LAUTERBORN:

In tausendfach verzweigten Adern durchdringen die Rinnsale
der Ströme das Land, gleichen Höhen und Tiefen aus, verbinden
die fernsten Gebirge mit dem Meere und schaffen so zusammen-
hängende Wanderwege für Pflanzen, Tiere und Menschen. Daraus
ergibt sich ohne weiteres die hohe Bedeutung der fließenden Ge-
wässer für die Verbreitung der Organismen durch weite Festlands-
räume. Flüsse und Ströme erscheinen hierbei vielfach als die
großen Leitlinien, welche der Ausbreitung die Richtung weisen,
dann aber auch in ihren höher gelegenen Wasserscheiden wieder
bestimmte Schranken setzen, die freiwillig kaum mehr über-
schritten werden. Dieser Umstand ist es vor allem, welcher die
Lebewelt eines jeden größeren Stromsystems zu einer gewissen
Einheit zusammenschließt, die auch in der Ausprägung charak-
teristischer Leit- oder Eigenformen zum Ausdruck gelangt; Fische
und Muscheln bieten die besten Beispiele hierfür. Greifen der-
artige Leitformen, bei denen eine passive Verschleppung ausge-
schlossen ist, dennoch auf Strecken eines benachbarten anderen
Stromgebietes über, so deuten sie direkt auf ehemalige Flußver-
bindungen hin, die später unterbrochen wurden. Belege hierfür
werden die folgenden Seiten mehrfach bringen.
Dieser flüchtige Überblick dürfte dargetan haben, daß die
Flußkunde an biologischer und biogeographischer Bedeutung
keinesfalls hinter der Seenkunde zurücksteht. Wenn sie von seiten
der Biologen trotzdem bisher noch nicht die Förderung erfuhr,
die sie verdient, so liegt dies zu einem großen Teil in einem ganz
äußerlichen Umstande begründet. Das ist die Schwierigkeit der
Untersuchung. Bei den flächenhaft sich dehnenden Seen, wo das
freie Wasser und die Tiefe auf weite Strecken hin so überaus gleich-
artige Bedingungen darbieten und oft nur die Ufer etwas wechsel-
voller gegliedert sind, kann von einem einzigen Stützpunkte aus
das ganze Gebiet gleichmäßig erforscht werden. Was dabei ein
einzelner mit verhältnismäßig einfachen Mitteln zu leisten vermag,
haben FoRELs grundlegende Studien am Genfer See und WESEN-
BERG-LuNDs ergebnisreiche Untersuchungen an dänischen Seen
erwiesen. Weit ungünstiger liegen die Verhältnisse bei den größe-
ren Strömen. Schon ihre lineare Erstreckung auf viele hunderte
von Kilometern hin stellt einer allseitigen Erforschung beträcht-
liche Schwierigkeiten entgegen, die nur mit einem besonderen
Aufwand von Zeit, Mühe und Kosten zu überwinden sind. Auf
den schiffbaren Stromstrecken könnte eine schwimmende biologi-
 
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