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Lauterborn, Robert; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1916, 6. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms: I. Teil — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34601#0008
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8 (B. 6)

ROBERT LÄUTERBORN:

Die natürlichen Stromstrecken des Rheins.
Unter all den großen Strömen Europas dürfte es kaum einen
zweiten geben, der eine so wechselvolle Gestaltung seines Laufes
aufzuweisen hätte, wie der Rhein. Die übliche Gliederung in Ober-
lauf als Gebiet stärkster Tiefenerosion ohne bedeutendere Ablage-
rung, Mittellauf als Strecke relativen Gleichgewichtes mit Vor-
wiegen der Seitenerosion, Unterlauf als Gebiet starker Ablagerung
bei Erlahmen der Erosion, ist am Rhein kaum streng durchzu-
führen, da sich hier Erosions- und Ablagerungsstrecken in mehr-
fachem Wechsel folgen. Die Quellflüsse Vorder- und Hinterrhein
sind ausgesprochene Hochgebirgswasser mit starkem Gefälle und
kräftiger Erosion. Nach ihrer Vereinigung durchströmt der Rhein
noch im Rereich der Alpen eine weite sanft geneigte Tal-
ebene mit mächtiger Geschiebeaufschüttung, die erst im Becken
des Bodensees ihr Ende findet. Vom See bis Basel erodiert der
Strom meist in fluvioglazialen Schottern der Eiszeit. Dann folgt
die oberrheinische Tiefebene, jene gewaltige langgestreckte Graben-
senke, welche der Rhein im Laufe von Jahrtausenden mit seinen
Geschiebemassen aufgefüllt hat. Der Durchbruch durch das
Schiefergebirge erfolgt in einem typischen Erosionstal. Beim
Siebengebirge tritt der Rhein dann wiederum in eine Tiefebene
und flutet auf eigenen Anschwemmungen mit kaum merkbarem
Gefälle dem Meere zu.
Dieser Wechsel von Gebirgs- und Niederungsstrecken im Laufe
des Rheins, wie er durch dessen geologische Entwicklung, vor allem
durch die Verschmelzung mehrerer ursprünglich getrennter Fluß-
systeme bedingt ist, muß meiner Ansicht nach die Hauptgrund-
lage für jede Gliederung des Stromes in natürliche Stromstrecken
bilden, sowohl in rein geographischer wie auch in biogeographi-
scher Hinsicht. Nur auf diesem Wege dürfte die weitgehende
Unstimmigkeit zu beheben sein, die immer noch in der Begrenzung
und Benennung der einzelnen Stromstrecken zutage tritt. Hier-
für einige Beispiele.
Im Jahre 1910 hat F. Hvvs in einer gründlichen Arbeit über
die Najadenfauna des Oberrheins eine Gliederung des Rheins vom
rein zoogeographischen Standpunkte aus versucht. Nach der Ver-
breitung gewisser Muscheln unterscheidet er, Anschauungen von
 
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