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Weizsäcker, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1917, 2. Abhandlung): Über die Energetik der Muskeln und insbesondere des Herzmuskels sowie ihre Beziehung zur Pathologie des Herzens — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.34625#0041
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Über die Energetik der Muskeln.

(B.2) 41

Bei Erwähnung des KREHLschen Gedankens einer Entstehung
der Hypertrophie aus verschlechtertem Nutzeffekt, wurde die
Möglichkeit erwogen, daß auch die Arbeitshypertrophie auf dem
Wege der Erhöhung des Gesamtstoffwechseis ausgelöst werde.
Ist nun der Gesamtumsatz hier maßgebend, so tritt eine weitere
Frage heran: Können nicht auch Herzen, die an sich ,,schwach"
sind, die also unter gewöhnlichen Umständen einen pro Gewichts-
einheit primär verminderten Umsatz mit entsprechend vermin-
derter Arbeitsleistung haben, hypertrophisch werden ? Ist nicht
das, was z. B. von BuiiL entzündliche Hypertrophie genannt wurde,
gerade in Fällen anzutreffen, bei denen sog. toxische Schädigungen
des Zellhaushaltes naheliegen, mechanische Momente aber zu
fehlen scheinen ? Eine unzulängliche Herztätigkeit hat ja in ihrem
Gefolge Steigerungen durch allbekannte Regulationsmechanismen;
wir kennen Frequenzsteigerung, Erhöhung des Füllungsdruckes
von Vene und Vorhof her. Ein in seinem Energieumsatz primär
geschwächtes Herz unterliegt also ganz ähnlichen regulatorischen
Bedingungen wie ein muskelgesundes, bei dem durch Vitium oder
Körperanstrengung vermehrte Leistungen gefordert werden. Dar-
nach ist zwischen einem Herzen mit primär vermindertem Energie-
umsatz und einem muskelgesunden Herzen mit gesteigerten mecha-
nischen Ansprüchen die Übereinstimmung anzutreffen, daß beide
genötigt sind, ihre Reservekraft anzuspannen, mehr in der Nähe
ihrer Akkomodationsgrenze zu arbeiten, ihren Stoffwechsel zu
erhöhen. So aber gelingt es nunmehr, alle Hypertrophien wieder
unter einem gemeinsamen Gesichtspunkt zu vereinigen, nämlich
dem: Herzen, welche dauernd in der Nähe der Akkomo-
dationsgrenze (ihres Gesamtumsatzes sowohl wie ihrer
mechanischen Leistung) tätig sind, hypertrophieren.
Diese Grundbedingung trifft nämlich zu bei allen bisher be-
trachteten Störungen. Sie trifft zu, wenn ein muskelgesundes Herz
mehr Arbeit als gewöhnlich leisten muß, sei es wegen eines Klappen-
fehlers oder wegen Hypertonie, oder wegen körperlichen Anstren-
gungen. Sie trifft ebenso zu, wenn ein Herz bei normalem Energie-
verbrauch infolge von gestörter thermodynamischer Ausnutzung,
etwa durch Kohlensäure, Alkohol oder andere toxische Störungen
zu wenig Arbeit liefert und daher kompensatorisch seinen Stoff-
wechsel erhöht. Sie trifft endlich zu bei primärer Herabsetzung
des Stoffwechsels und entsprechender Verminderung der mechani-
schen Arbeit, wie sie nach meinen Versuchen, zum Beispiel bei
 
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