6 (B. 3)
W. v. Buddenbrook:
oder her. Die Reizung der Sinneszellen an ihrer Basis ist also
durchaus nicht eine verschiedene je nach der Haltung, welche die
Fliege im Raume einnimmt, sondern immer die gleiche, und darum
kann meiner Ansicht nach keine Rede davon sein, daß die Halteren
Gleichgewichtsorgane sind.
An großen Fliegen z. B. Tipula oder Tabanus ist es sein1 leicht,
das hier Vorgetragene direkt zu beobachten.
Leichter noch kann man sich davon überzeugen, daß die
Halteren schwerlich Steuerorgane sein dürften, wie dies vordem
behauptet wurde: Der Versuch lehrt direkt, daß auch halterenlose
Fliegen steuern können, anscheinend so gut wie normale. Ich
nehme hierzu irgend eine Fliegenart, die nicht allzusehr von der
Halterenoperation betroffen wird, sondern sich noch einen kleinen
Rest ihres Flugvermögens bewahrt, indem sie in nicht zu
steilem Fluge abwärts fliegen kann. Ich werfe sie nun in der
Mitte des Zimmers irgendwie in die Luft und überzeuge mich,
daß sie stets in der Nähe des Fensters landet, zu dem sie in
deutlichster Weise hinsteuert.
Wir haben bisher bewiesen, daß die Halteren tonuserzeugende
Organe sind, und zweitens sehr wahrscheinlich gemacht, daß sie
nicht als Steuer- und Gleichgewichtsorgane zu gelten haben.
Hieraus folgt, daß sie möglicherweise nur Tonuserzeuger sind.
Wenn dies richtig ist, müssen sich sämtliche am halterenlosen
Tiere zu beobachtenden Tatsachen darauf zurückführen lassen,
daß die Flugkraft der operierten Fliege bedeutend reduziert ist.
Dies, ist nun nach meinen Untersuchungen auch tatsächlich
der Fall, wenngleich der Beweis hierfür in der strengsten Form
nur durch den Kinematographen erbracht werden könnte, der
mir leider nicht zu Gebote stand. Ich begnüge mich an dieser
Stelle mit der Besprechung der auffälligsten Erscheinung, die das
halterenlose Dipter zeigt, nämlich des Abwärtsflugs.
Wenn man die operierte Fliege von einem erhöhten Punkte,
also nicht vom Boden aus, fliegen läßt, so fliegt sie stets und
immer schräg nach unten, falls sie nicht geradezu senkrecht hin-
unterfällt. Es ist sehr einfach, dies zu erklären. Auf das fliegende
Insekt wirken zwei Kräfte und bestimmen die Richtung seiner Be-
wegung: 1. der Auf- und Vortrieb = A und 2. die Schwerkraft == S.
Die definitive Flugrichtung ergibt sich als die Resultante beider
Kräfte, die wir uns der Einfachheit halber im gleichen Punkte
W. v. Buddenbrook:
oder her. Die Reizung der Sinneszellen an ihrer Basis ist also
durchaus nicht eine verschiedene je nach der Haltung, welche die
Fliege im Raume einnimmt, sondern immer die gleiche, und darum
kann meiner Ansicht nach keine Rede davon sein, daß die Halteren
Gleichgewichtsorgane sind.
An großen Fliegen z. B. Tipula oder Tabanus ist es sein1 leicht,
das hier Vorgetragene direkt zu beobachten.
Leichter noch kann man sich davon überzeugen, daß die
Halteren schwerlich Steuerorgane sein dürften, wie dies vordem
behauptet wurde: Der Versuch lehrt direkt, daß auch halterenlose
Fliegen steuern können, anscheinend so gut wie normale. Ich
nehme hierzu irgend eine Fliegenart, die nicht allzusehr von der
Halterenoperation betroffen wird, sondern sich noch einen kleinen
Rest ihres Flugvermögens bewahrt, indem sie in nicht zu
steilem Fluge abwärts fliegen kann. Ich werfe sie nun in der
Mitte des Zimmers irgendwie in die Luft und überzeuge mich,
daß sie stets in der Nähe des Fensters landet, zu dem sie in
deutlichster Weise hinsteuert.
Wir haben bisher bewiesen, daß die Halteren tonuserzeugende
Organe sind, und zweitens sehr wahrscheinlich gemacht, daß sie
nicht als Steuer- und Gleichgewichtsorgane zu gelten haben.
Hieraus folgt, daß sie möglicherweise nur Tonuserzeuger sind.
Wenn dies richtig ist, müssen sich sämtliche am halterenlosen
Tiere zu beobachtenden Tatsachen darauf zurückführen lassen,
daß die Flugkraft der operierten Fliege bedeutend reduziert ist.
Dies, ist nun nach meinen Untersuchungen auch tatsächlich
der Fall, wenngleich der Beweis hierfür in der strengsten Form
nur durch den Kinematographen erbracht werden könnte, der
mir leider nicht zu Gebote stand. Ich begnüge mich an dieser
Stelle mit der Besprechung der auffälligsten Erscheinung, die das
halterenlose Dipter zeigt, nämlich des Abwärtsflugs.
Wenn man die operierte Fliege von einem erhöhten Punkte,
also nicht vom Boden aus, fliegen läßt, so fliegt sie stets und
immer schräg nach unten, falls sie nicht geradezu senkrecht hin-
unterfällt. Es ist sehr einfach, dies zu erklären. Auf das fliegende
Insekt wirken zwei Kräfte und bestimmen die Richtung seiner Be-
wegung: 1. der Auf- und Vortrieb = A und 2. die Schwerkraft == S.
Die definitive Flugrichtung ergibt sich als die Resultante beider
Kräfte, die wir uns der Einfachheit halber im gleichen Punkte