Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

An den verschiedenen Formen, in welchen der menschliche
Magen in der Leiche gefunden wird, ist die Anatomie im großen
und ganzen achtlos vorübergegangen. Die wenigen Untersuchun-
gen, die sich damit beschäftigt haben, mochten sie auch von
namhaften Forschern ausgehen, konnten das alte Bild des Magens
als eines ungegliederten Schlauches aus der Literatur nicht ver-
treiben, am wenigsten aus den Lehr- und Handbüchern. Als daher
die klinischen Untersucher mit Hilfe des Röntgenverfahrens Bilder
des lebenden Magens erhielten, die mit denen der anatomischen
Lehrbücher nicht in Übereinstimmung zu bringen waren, sahen
sie sich gezwungen, ihre eigene Anatomie des Magens zu machen,
die von der der Anatomen nicht unbeträchtlich abweicht. Diese
Verschiedenheit der Resultate könnte bedingt sein lediglich durch
die verschiedenen Gesichtspunkte und Methoden, mit denen gear-
beitet wurde. Sie könnte aber auch im Objekt selber liegen; es
ist mindestens nicht a priori selbstverständlich, daß der Magen
als ein dünnwandiges muskulöses Hohlorgan, das je nach seinen
Funktionszuständen seine Gestalt ändert, in der Leiche die gleiche
Form aufweist, wie im lebenden Körper. Zur Entscheidung dieser
Frage habe ich die anatomische Untersuchung der Form des
Leichenmagens und seines Bewegungsapparates vereinigt mit der
Auswertung der von den Röntgenologen mitgeteilten Befunde vom
lebenden Magen. Dabei habe ich mich im wesentlichen auf das
vonFoRSSELL(7) und ganz besonders vonGROEDEL(9) in ihren
Monographien niedergelegte bildliche Material gestützt, — die
vollständige Durcharbeitung der. großen röntgenologischen Lite-
ratur über den Magen konnte nicht meine Aufgabe sein. Ob es
mir gelungen ist, die Röntgenbilder richtig zu deuten, ob mein
Bild vom Magen im lebenden Körper der Wirklichkeit-entspricht,
muß ich der Entscheidung weiterer radiologischer Untersuchungen
überlassen.
Physiologische und uomeuelatorisehe Vorhemeikuugeu.
Die Untersuchungen der Physiologen, Kliniker und Röntgeno-
logen haben gezeigt, daß der menschliche Magen bei seiner moto-'
rischen Funktion in zwei völlig verschiedene Teile zerfällt: einen

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