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Versluys, Jan; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 13. Abhandlung): Über die Phylogenie der Schläfengruben und Jochbogen bei den Reptilia — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36565#0017
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Phylogenie der Schläfengruben und Jochbogen bei den Reptilia. (B. 13) 17
und nach hinten. Bei PodocaemG finden wir eine Art Ubergangs-
zustand (Fig. 15). Man kann auch beide Typen von einem stegalen
Schädeldach abzuleiten versuchen, welches dann bei den primitiven
Pleurodiren vorhanden gewesen sein mußte (vgl. WiLLiSTON und
FucHs). Gewiß ist, daß die ältesten, primitivsten Schildkröten
noch ein geschlossenes Schläfendach besaßen. Denn dieses wird
gefunden bei Tria^ocAef^ (&e^ocAe/y.?) daa; Jaeckel, welche tri-
assische Schildkröte JvECKEL neuerdings (1916) eingehend beschrie-
ben hat (Fig. 16). Es ist dies, soweit ersichtlich, eine Landschild-
kröte, so daß ein Grund zur sekundären Entwicklung des Schläfen-
daches, die vom Wasserleben ausgehen könnte, nicht gegeben ist.
Die Vollständigkeit des Panzers findet vielmehr ihre Erklärung
darin, daß der Kopf noch nicht in die Schale zurückgezogen werden
konnte (JAEKEL, 1916, S. 134). Erst als die Schildkröten
anfingen, ihren Kopf in die Schale zurückzuziehen, dürfte Rück-
bildung des Schläfenpanzers eingesetzt haben, und zwar vom
hinteren Rande her, wo der Panzer am ersten überflüssig wurde.
So entstanden Formen mit einem Schläfenpanzer, wie wir ihn jetzt
bei CAefydra und den COm-^er/hdaM finden.
Man könnte nun geneigt sein, in einem geschlossenen Schläfen-
panzer, wie man ihn bei den lebenden Meeresschildkröten CAeGaia
und Dc/wocAe^y^ findet (Fig. 2), einen ursprünglichen Zustand zu
sehen. Es sind aber immer wasserbewohnende Schildkröten (mit
Ausnahme von TWaMocAe^), die ein ziemlich vollständiges
Schläfendach aufweisen und so liegt der Gedanke nahe, daß das
Wasserleben sekundär eine progressive Entwicklung des Schläfen-
panzers hervorgerufen hat. Die Meeresschildkröten haben die
Fähigkeit, ihren Kopf in der Schale zurückzuziehen, verloren.
Zwischen Tria^ocAe^y^ und den Meeresschildkröten stellen zweifel-
los landbewohnende Schildkröten mit zurückziehbarem Kopfe
(Cryp^odira) die Verbindung her (vgl. BAUR, 1886, 1889, 1890;
NicK, 1912, S. 189; VÖLKER, 1913, S. 492). Da nun alle Land-
schildkröten mit ihrem zurückziehbaren Kopfe auch eine Rück-
bildung des Schläfenpanzers aufweisen, so wird dies für die Stamm-
formen der Meeresschildkröten gleichfalls angenommen werden
müssen. Das vollständig geschlossene Schädeldach der Meeres-
schildkröten muß also sekundären Charakter haben. Damit im

i Dabei ist gleichgültig, ob und inwieweit der Schläfenpanzer bei diesen
Tieren wieder sekundär vergrößert wurde.


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