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Braus, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 15. Abhandlung): Der Brustschulterapparat der Froschlurche — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36567#0036
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36 (B.15)

H. BRAus:

17, 18). In diesem Fad ist das Fenster als schräger Kanal im Kno-
chen ausgespart und für die Funktion besonders wichtig. Es kann
der Knorpelbelag des Pfannenbodens streckenweise fehlen.
Es wird die Pfanne schließlich bei manchen Formen aus drei
Knochen zu einer Einheit vereinigt (ähnlich wie beim Becken des
Menschen). Da ursprünglich die knorplige Pfanne einheitlich ist,
so kehrt hier der Knochen auf einem großen Umweg zum phylo-
genetischen Ausgangszustand zurück. Es ist zwar in der Entwick-
lung von Bombinator das erste Auftreten des Knorpels diskon-
tinuierlich (BRAUS 1908). Die einzelnen Zentren, welche in der
Scapula, dem Coracoid und Procoracoid getrennt auftreten und
erst nachträglich im Pfannenboden zusammenfließen, sind nichts
anderes als eine für unsere Färbungs- und mikroskopischen Beob-
achtungsmethoden vorauseilende Manifestation des Knorpel-
gewebes, welches jedoch in der Umgebung dieser Inseln nicht fehlt,
sondern nur weniger differenziert ist. Ich verweise wegen der
Experimente, durch welche dies sicher gestellt wurde, auf das
S.ll Gesagte. Indem Parzellen des Knorpels schneller, andere lang-
samer reifen, konnte die von den drei oben genannten Knorpelinseln
entfernteste Stelle soweit Zurückbleiben, daß an ihr das Fenster
imAcetabulum als Ventil für die sonst gefährdete Pfanne entstand.
H. FucHS (1912, a. a. 0. S. 198) bestätigt bei den Urodelen
die älteren Angaben von GoETTE und WiEDERSHEiM, daß das
Procoracoid ,,in unmittelbarem Anschluß" an den einheitlichen
Knorpel von Scapula plus Coracoid (Coracoscapula) entstehe. Diese
Einheit ist nun aber nach den oben mitgeteilten Befunden bei dem
Anurenschultergürtel gar nicht zu sehen, sondern nur experimentell
zu erschließen. Ist wirklich in der Entwicklung von Salamandern
von Anfang an Ilomokontinuität des Schultergürtelknorpels vor-
handen, so ist dies gegenüber Bombinator nur ein gradueller Unter-
schied der Knorpelreife. Es ist klar, wie wenig sich für phylogene-
tische Spekulationen damit anfangen läßt, ob ein Knorpel in der
individuellen Entwicklung anfänglich in einem Guß oder in zwei
oder mehreren Inseln auftaucht. Ich glaube das i. J. 1908 in der
Arbeit über die Skelettentstehung (S. 5 Anm. 1) über bloße Ver-
mutungen hinaus sichergestellt zu haben. Doch gibt es Phylo-
genetiker, welche immer wieder mit Knorpelkontinuitäten oder
-diskontinuitäten weitläufig argumentieren und welche sich damit
jeder Empfindung bar erweisen dafür, daß die Zeiten für das
Errichten phylogenetischer Wunderbauten im lockeren Sand der
Vermutungen vorbei sein sollten.
 
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